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Hendrik Brüggemann: „Meckern und reden können viele, ich mache gerne etwas“

Hendrik Brüggemann: „Meckern und reden können viele, ich mache gerne etwas“
Hendrik Brüggemann. Foto: privat

Die Mitglieder des SC Preußen Münster wählen im Rahmen der Hauptversammlung am 16. November einen neuen Aufsichtsrat. Das bisherige Gremium tritt erneut an, aber es haben sich auch weitere Bewerber angekündigt. Einer von ihnen ist Hendrik Brüggemann (34), derzeit aktiv in der Fangemeinschaft. Was der Vertriebsmitarbeiter eines Münsteraner Unternehmens für Ideen hat, welche Erfahrungen er mitbringt und was ihn zu seiner Bewerbung gebracht hat, verrät er im Interview.

Hendrik, erinnerst du dich noch an dein erstes Spiel mit dem SC Preußen Münster?

Den Gegner habe ich nicht mehr im Kopf. Ich weiß aber, dass es so um 1997 herum gewesen sein müsste – in der alten Regionalliga West/Südwest. Meine Tante hat mich damals mitgenommen.

Und du warst sofort Feuer und Flamme…?

Eigentlich nicht. Das ist eher über die Jahre hinweg gewachsen. Richtig gepackt hat es mich, als ich um die 14 Jahre alt war und dann mit Freunden selbst ins Stadion gegangen bin. Meine Familie ist auch nicht gerade fußballaffin, aber zumindest auf meinen Vater hat der SCP dann schon etwas abgefärbt.

Jetzt bewirbst du dich für einen Posten im Aufsichtsrat. Das ist eine zeitintensive Arbeit – warum willst du das auf dich nehmen?

Um ehrlich zu sein: Für mich würde sich gar nicht viel ändern. Ich habe mich ja schon in der Vergangenheit viel eingebracht, nur eben nicht in einem offiziellen Vereinsgremium. Aber meine Zeit in der aktiven Fanszene und später in der Fangemeinschaft (früher das Fanprojekt, Anm. d. Red.) war immer schon zeitintensiv. Für mich ist das ohnehin mehr als ein Hobby – das ist eine hundertprozentige Identifikation mit dem Verein. Meckern und reden können viele, ich mache gerne etwas.

Was kannst du denn selbst einbringen?

Grundsätzlich ein gutes Gefühl und Gespür für Fans, gerade die auf den Stehplätzen. Weil ich nah dran bin, kann man sicher manche Themen früh besprechen, für Verständnis sorgen und Entscheidungen in der Kurve oder im Gremium erklären. Vielleicht auch einfach mal für Sensibilität sorgen. Noch etwas: Ich vertrete mit meinem Alter auch eine Fangeneration, die im Klub bisher noch nicht abgebildet wird. Das kann vielleicht auch mal etwas verändern.

Du hast es gerade selbst angesprochen: Du hast eine Zeit in der Ultra-Szene hinter dir. Denkst du, das könnte für Vorbehalte sorgen?

Ich möchte diese Zeit nicht verschweigen – im Gegenteil. Ich bin stolz darauf, daran mitgewirkt zu haben, dass das Verhältnis zwischen Fans und Verein heute eher entspannt ist. Das war natürlich nicht nur ich, da haben viele mitgewirkt. Aber es macht mich wirklich froh zu sehen, wie die Beziehung zwischen Klub und Fans, aber auch zwischen den Fans untereinander heute ist. Die Ausgliederung der Profiabteilung hat damals dazu geführt, dass auch in der Fanszene viele Kräfte gebündelt wurden. Viele Probleme haben wir ausgeräumt, indem wir einfach miteinander gesprochen haben.

Und wenn Reden nicht hilft, weil es einfach unterschiedliche Sichtweisen gibt?

Es wird immer Situationen geben, in denen das so ist. Für mich steht immer ganz oben, was das Beste für den SC Preußen Münster ist. Das bedeutet, es müssen auch Entscheidungen getroffen werden, die nicht leicht sind, die aber im Sinne des Klubs getroffen werden. Klar möchte ich nicht „blind“ alles mitgehen – es muss schon eine Überzeugung oder Haltung sein, die ich einbringe. Aber an erster Stelle steht dann eben immer Preußen Münster.

Wir müssen nur aufpassen, dass wir das Rad nicht überdrehen – gerade jetzt im Erfolg

Der SC Preußen spielt in der 2. Bundesliga – das ist Profifußball in all seinen Ausprägungen. Sponsoren, Geld – rückt da manches in den Hintergrund?

Also eigentlich ist das alles unter den aktuellen Umständen doch sehr moderat. Wir müssen nur aufpassen, dass wir das Rad nicht überdrehen – gerade jetzt im Erfolg. Ich verstehe, dass der SC Preußen diese Zeit in der 2. Liga nutzen will. Als Fan will man sicher den maximalen Erfolg, aber nicht unter allen Umständen.

Hast du konkrete Beispiele?

Da wäre das Ticketing ein Thema. Wir müssen auch die Fans mitnehmen, die dem Klub schon in den eher tristen Zeiten treu waren. Auch im Merchandising muss man nicht alles ausreizen.

Also sind das auch deine Themen?

Im Kern, ja. Die Ticketpreise für Gäste und Heimfans sind schon ein Thema für mich. Da sehe ich den SCP schon am Limit – teilweise darüber. Die Wirtschaftlichkeit ist ein Faktor, aber der Fußball muss bezahlbar bleiben und soll für alle gesellschaftlichen Gruppen offen sein. Jedes Mitglied im Aufsichtsrat bringt eine eigene Expertise mit – aber auch Vertrauen in die Kompetenz der anderen. Ich selbst werde kein Jurist oder Finanzexperte sein. Ich schaue auf das, was Fans wollen. Denn dafür verliert man vielleicht in einem Gremium über die großen Themen schon einmal das Gefühl.

Das Gremium muss in Ruhe arbeiten können

Falls du gewählt würdest: Was ist dir für die Arbeit im Aufsichtsrat wichtig?

Ein vertrauensvolles Verhältnis. Die Themen des Aufsichtsrats sollten auch im Gremium bleiben und nicht nach außen getragen werden. Das Gremium muss in Ruhe arbeiten können – gerade dann, wenn es mal schwierig wird. Nur so entsteht eine gute Basis, und das wiederum tut dann dem Verein gut. So zu arbeiten, das wünsche ich mir.

Lukas Friedrich wurde bereits zweimal in den Aufsichtsrat gewählt, beide Male auch mit vielen Stimmen aus der Fanszene. Hast du mit ihm darüber gesprochen?

Ich habe ihm von meiner Kandidatur erzählt. Ich verstehe mich auch nicht als Konkurrenz, sondern würde gerne von seiner Erfahrung profitieren. Für mich wäre der Aufsichtsrat Neuland, da ist es gut, einen Ansprechpartner zu haben. Ich hatte deswegen übrigens auch schon ein gutes Gespräch mit Frank Westermann.

Unsicherheit, Respekt… wo bewegt sich deine Gefühlslage mit Blick auf die Wahl?

Ich hatte anfangs tatsächlich Zweifel, ob ich mir das zutrauen kann. Die Verantwortung ist schon groß. Aber der Zeitpunkt ist eben auch gut, weil es im Verein insgesamt ruhig ist und es damit leichter wird, hineinzuwachsen als in turbulenteren Zeiten. Das hat mich dann eher motiviert.

Weil du vielleicht bei einem Zweitligisten ein Amt übernimmst: Wie wichtig ist der sportliche Erfolg für dich?

Für mich zählt das Gefühl der Zusammengehörigkeit noch mehr als der reine sportliche Erfolg. Denk mal an das Spiel in Wattenscheid – das war nicht 2. Liga, das war vierte Liga. Trotzdem hat sich dieses Spiel für alle eingebrannt, die da waren. So etwas zu erleben, hat nichts zu tun mit einer Liga, sondern mit dem Sport. Momente wie in Wattenscheid sind ligaunabhängig. Es ist aber wichtig, dass es sie gibt. Das bringt Identifikation – und die kann man mit Geld nicht aufwiegen.

Zum Schluss eine eher weitgefasste Frage: Was bedeutet Fußball für dich?

Das klingt jetzt etwas pathetisch, aber es ist trotzdem wahr: Ich kenne keine Lebenssituation, in der dauerhaft solche Emotionen entstehen wie auf einer Tribüne, auf der man mit tausenden Fans und Freunden gemeinsam steht und den Verein nach vorne treibt. Ich bin jetzt 34 Jahre alt. In dem Alter heiratet man, man bekommt Kinder, die Zeit mit Freunden wird weniger. Das Stadion wird dann zum Fixpunkt, der bleibt. Hier trifft man sich alle zwei Wochen – und das ist unfassbar viel wert. Diese Gemeinschaft ist kaum zu ersetzen. Für mich selbst kommt noch etwas anderes hinzu: Ich komme aus einem guten Elternhaus, das auch ein bisschen wie eine Blase ist. Das Stadion, die Kurve – das war für mich in mancher Hinsicht ein Augenöffner. Dass es noch mehr gibt außerhalb der Blase: tolle Menschen mit völlig anderen Erfahrungen und aus anderen Umgebungen. Das hat mich persönlich auch sehr geprägt.

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