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Preußen Münster zwischen „Slapstick pur“ und Regionalliga

Natürlich kann man gegen den Tabellenführer verlieren. Am Ende ging der Auswärtssieg des MSV Duisburg in Münster auch völlig in Ordnung, vor allem nach der zweiten Hälfte. Münster hockt mit 19 Punkten weiter tief und fest im Abstiegszone, weil er viel zu einfach Tore herschenkte. „Slapstick pur“ nannte Simon Scherder die ersten beiden später ernüchtert. Niemand wirft beim SCP die Flinte ins Korn, aber faktisch gibt es berechtigte Gründe, sich auch mal vorsichtig mit der Regionalliga zu beschäftigen.

In Jena gab der SC Preußen Münster einigen Anlass zur Hoffnung. Tabellarisch und damit auf dem Papier war das Schlusslicht vielleicht nicht der richtige Maßstab – aber das stimmt eben so nur zur Hälfte. Am Samstag holte Jena in Braunschweig ein verdientes 1:1, was Münsters Auswärtssieg vor einer Woche sicher nicht kleiner machte.

Und natürlich ist auch der Tabellenführer – trotz kleiner Durststrecke vor der Partie in Münster – nicht unbedingt die Kragenweite der Adler. Dass der MSV in Münster bisher noch nie in einem Pflichtspiel siegen konnte, war am Ende auch nur eine Statistik. „Wir haben in der ersten Halbzeit gezeigt, dass wir mithalten können“, wertete Simon Scherder später. Das mag auch für die Phase zwischen dem 0:1 und der 50. Minute gelten. Spätestens dann zeigte sich aber, welche Defizite der SCP im Vergleich zu einem Topteam besitzt. Wenn es schnell geht, läuft der SCP nur hinterher. Und die individuellen Fehler bekommt das Team schlichtweg nicht abgestellt. Fehler wie der katastrophale Pass von Heinz Mörschel vor dem Rückstand. Ein Querpass vor der eigenen Kette, ein paar Meter nur, aber direkt in die Füße des MSV Duisburg. Sekunden später jubelte Duisburg. Was in Jena noch gut ging, geht gegen bessere Teams sofort schief.

Und so klang auch realistisch, was Scherder außerdem noch sagte. „Am Ende musst du froh sein, nicht noch mehr Tore kassiert zu haben.“ Hintenraus machte Duisburg das so abgezockt, wie ein Spitzenteam das eben macht. Münster war nach der Pause etwas aufgerückt, musste ja auch etwas mehr Risiko gehen, um den erneuten Ausgleich zu schaffen.

Das (zu) frühe 1:3 nach einer Stunde aber zog „den Stecker“, wie später alle Beteiligten formulierten. „Eigentlich musst du nach der Pause aufpassen, dass du nicht zu wild wirst. Das haben wir nicht ganz geschafft“, so Scherder. Der Wille zum eigenen Ausgleich wurde größer als die Positionstreue. Kein Zufall, dass der SCP beim dritten und vierten Tor einfach nur noch hinterherlief. „Das ist eben der Unterschied, dass Duisburg die Fehler gnadenlos ausnutzt.“

Die individuellen Fehler aber, so Scherder, die müsse man abstellen. „Sonst wird es irgendwann schwierig.“ Und das ist die Lage des SC Preußen: Schwierig. Am Montag spielt Großaspach gegen Würzburg. Was soll man da aus Sicht der Preußen hoffen? Ein Großaspacher Sieg würde Münster auf Platz 19 abrutschen lassen, dafür aber Würzburg nicht auf 11 Punkte entfliehen lassen. Selbst im besten Fall liegt Platz 15 mittlerweile 8 Punkte weg. Realistisch ist nur noch Viktoria Köln in Reichweite (6 Punkte).

Die üblen Ergebnisse der Konkurrenz am 22. Spieltag haben die drei Punkte aus Jena leider schnell relativiert.

So sehr beim SCP alle hoffen und reden: Die Vorrunde hat den SC Preußen mit heftigen Schmerzen hinterlassen.

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Jeder, der rechnen kann (und das müssen jene tun, die planen), weiß, wie groß die Aufgabe wird. Alexander Rossipal sprach nach der Partie aus, was zumindest für das Team gilt: „Wir dürfen jetzt nicht auf die Tabelle schauen, sondern nur auf uns.“

Das ist alles korrekt und für die Mannschaft mag das gelten. Sportchef Malte Metzelder andererseits tut gut daran, auch ein neues Team für den Fall „R“ (Regionalliga) anzudenken. Oder die Möglichkeiten dafür abzustecken.

Faktisch punktet die Konkurrenz der Preußen derzeit mindestens so gut wie der SCP oder gar besser. Und es deutet sich kein brutaler Absturz in der Konkurrenz an. So sehr sie hoffen, dass in der Restserie doch noch ein Team unten reinrutscht, das im Dezember noch gar nicht daran gedacht hatte… wer sollte das denn wohl sein? Köln, Würzburg, Bayern II, Zwickau oder Magdeburg? Ab Platz 11 (Uerdingen, 30 Punkte) beginnt schon die erweiterte Verfolgergruppe auf Platz 3. Der Bereich liegt 11 Punkte entfernt.

Lucas Cueto fällt im Zweikampf mit Arne Sicker.

Der Gedanke, dass vorerst nur ein einziges Team noch leidlich erreichbar ist (Köln), ist mehr als ernüchternd. Das ist ja auch nur die Lage nach dem 22. Spieltag. Am kommenden Samstag muss der SCP in Kaiserslautern bestehen – wo man insgeheim doch noch vom Aufstieg träumt. Kampflos wird der SCP da sicher nicht untergehen, aber in der Realität muss man sich mit der Frage beschäftigen, welche Wirkung eine Niederlage hätte, wenn Köln gleichzeitig gegen Bayern II punktet. Irgendwann kommt der Punkt, an dem der Abstand so groß wird, dass ohne eine satte Niederlagenserie der Konkurrenz ein Klassenerhalt ausgeschlossen ist. Und genau die ist aktuell schlichtweg nicht erkennbar. Im Gegenteil: Gerade Viktoria Köln, Ende 2019 mit fünf Niederlagen in Serie, hat in 2020 vier Punkte gesammelt und noch nicht verloren.

Am 7. März 2020 wartet der (aktuelle) Nachbar Viktoria Köln auf den SCP. Nach Lage der Dinge weiß der SCP schon in fünf Wochen, wohin die Reise wahrscheinlich gehen wird. Spätestens dann müssten schlimmstenfalls bei den Preußen Entscheidungen getroffen werden. Wie würde sich der SCP in der vierten Liga aufstellen? Welche Rolle, wenn überhaupt, würde Malte Metzelder spielen?

Hoffnungsschimmer und Strohhalm?

Was Hoffnung macht oder weiter hoffen lässt: Fußball ist manchmal unberechenbar. Denn die Zahlenspiele könnten umgekehrt ja auch funktionieren. Was, wenn der SCP in Kaiserslautern per Geniestreich gewinnt? Was, wenn das der Auftakt zu einer bärenstarken Restrunde wäre? Hat der SC Preußen nicht selbst schon erlebt, was mit einer kleinen Serie alles zu schaffen ist? In der Vergangenheit hievte sich der SCP mit vier starken Wochen schon mal an die Tabellenspitze – oder spurtete aus dem Tabellenkeller heraus. Zuletzt 2017/2017 holte der SCP 30 Punkte in der Rückrunde und reparierte so eine böse Hinrunde.

Umgekehrt? 2015/2016 landete der SCP nach 19 Spieltagen auf Platz 4, war in der Rückrunde nur noch Viertletzter. Das Auf und Ab ist Preußenrealität und natürlich sind das alles nur Szenarien. Alles graue Theorie, oder?

Das Prinzip „hätte, hätte, Fahrradkette“ kann für die sportliche Leitung nicht gelten. Hier muss realistisch geplant werden, damit der mögliche Abstieg den Klub nicht überraschend ereilt. Wie unglaublich kontraproduktiv ein Abstieg für alle Ideen und Pläne des SCP wäre, muss man sicher nicht darstellen.

Das lässt sich alles auch in konkreten Zahlen darstellen.

Die Lage aktuell

In der Hinrunde holte der SCP 16 Punkte aus 19 Spielen. Das macht einen Schnitt von 0,84 Punkten. In den 3 Spielen der Rückrunde holte der SCP 3 Punkte (Schnitt 1 Punkt).

Der Chemnitzer FC auf dem ersten Abstiegsplatz holte in der Hinrunde 20 Punkte. Vorausgesetzt, der CFC behält diesen Schnitt exakt bei, käme er am Ende auf 40 Punkte. Theoretisch wären dann also mindestens 41 Punkte notwendig, um allein den Chemnitzer FC zu überholen (und damit wäre Platz 16 noch gar nicht erreicht).

Um Chemnitzer zu überholen, müsste der SCP ab sofort, also beginnend mit Kaiserslautern, einen Schnitt von 1,38 Punkten in 16 Spielen holen. Und dabei wäre zugleich vorausgesetzt, dass Chemnitz und vor allem Köln ab sofort schlechter punkten als der SCP. Der beste Schnitt nützt den Adlern ja rein gar nichts, wenn die Konkurrenz weiter wie bisher spielt.

Zur Erinnerung: Köln kommt bereits jetzt auf 24 Punkte und einen Punkteschnitt von 1,1 Punkten. Das wären dann am Ende knapp 42 Punkte. Alles klar soweit?

Das sind alles Zahlenspiele und Fußballer mögen Zahlen ja vor allem, wenn sie positiv ausfallen; aber am Ende ist der Fußball ein Zahlensport und ausnahmsweise lügen die Zahlen hier nicht. Bei vier Absteigern werden 41 Punkte faktisch nicht reichen, sie reichten in den vergangenen Jahren oft sogar bei drei Absteigern nicht. Münsters Bürde wiegt schwerer.

So bitter das Anfang Februar 2020 klingt: Oberhausen und Aachen sind den Preußen näher als Rostock und Magdeburg – nicht nur geographisch.

In Kaiserslautern steht der SCP – man kann es drehen und wenden, wie man will – unter Siegzwang.

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0 thoughts on “Preußen Münster zwischen „Slapstick pur“ und Regionalliga

  1. Hallo 100Prozent,
    Euer Artikel „Preußen Münster zwischen “Slapstick pur” und Regionalliga“ wägt sehr sachlich und nüchtern die Chancen für den Klassenerhalt ab. Das ist gut so. Bitte berücksichtigt auch, dass das SCP-Ergebnis an diesem Wochenende bisher ein totaler Ausreißer ist. Alle anderen Spiele endeten knapp. Könnte es nicht sein, dass die Mannschaft in Liga 3 überfordert ist? Dann lag der Hauptfehler doch in der ursprgl. Kaderplanung?
    Ich wäre gern nach Kaiserslautern gefahren. Von uns ist das nicht so weit weg. Aber angesichts der Situation grenzt das an Masochismus. Was der SCP derzeit auf dem Feld bietet, tut einfach brutal weh: die Fehler und die Ergebnisse. Und es ist bitter für die U23-Mannschaft. Schade, alles miteinander, und schmerzlich für die Fans. Die Fans bleiben am Ende auf dem Abstieg sitzen.
    Schade, schade
    ein Preussenfan

  2. Nur ein Fußballwunder kann uns vor dem Abstieg noch retten. Die Qualität ist einfach nicht ausreichend für die dritte Liga. Es wäre von Nöten gewesen drei gestandene
    Drittligaspieler zu holen um den stark verunsicherten Kader wettbewerbsfähig zu machen. Aber leider hat nur Löhmannsröben die Qualität. Königs (Null Tore in dieser Saison bei Rostock) und Steurer sind reine Ergänzungsspieler. Beide haben in Ihren alten Vereinen überhaupt keine Rolle gespielt. Beide gehörten im zweiten Spiel nach der Winterpause nicht zur Anfangsformation. Verstärkung sieht anders aus. Zudem haben wir Dadashov abgegeben. Sicherlich auch
    ein umstrittener Spieler. Er hat aber immerhin noch sechs Tore geschossen. Meppen hat es uns letzte Saison gezeigt wie es geht. Nick Proschwitz in der Winterpause geholt. Der hatte mit seinen Toren maßgeblichen Anteil am Nichtabstieg des Vereins.
    Warum schauen wir nicht mal in unserem Nachbarland NL? Testspiele absolvieren wir da ja reihenweise. Talente oder Spieler in der zweiten Reihe sollten doch finanzierbar sein oder ausgeliehen werden können.
    Trotz dieser düsteren Aussichten werde ich weiterhin die Heimspiele besuchen. Wenn es auch sehr schmerzlich ist auch in der vierten Liga.

    Die Entfernung zu Münster ist gering.

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