Joel Grodowski macht den Abflug
Es gibt Abschiede und es gibt Abschiede. Thomas Kok verließ den SC Preußen am Mittwoch, sein Abschied war irgendwie logisch und mangels sportlicher Chancen auch nicht überraschend. Am Dienstag sagte Joel Grodowski Tschüss – und dieser Abschied war anders. Es war eher eine Flucht, warum auch immer. Künftig spielt er für den Drittligisten Arminia Bielefeld.
Zwischen 2019 und 2021 und dann wieder seit 2023 spielte Grodowski für die Adler. Hier hatte er seine beste Zeit, machte 103 Pflichtspiele für den SC Preußen, dazu noch elf Partien für die U23 der Adler. Mit 30 Toren war er beteiligt, wobei vor allem seine überragende Saison 2023/2024 mit 17 Toren wichtig war und dabei half, den SC Preußen nach 33 Jahren wieder zurück in die 2. Bundesliga zu hieven.
Und man kann nun wahrlich nicht sagen, dass der 27-jährige Offensivspieler zu wenig Einsatzzeiten bekommen hätte. Als Stammspieler startete er in die Saison, bereitete am ersten Spiel in Fürth auch direkt das erste Preußentor vor. Am sechsten Spieltag traf er selbst zum ersten Mal in der 2. Bundesliga.
Deutlich wurde aber auch, dass Grodowski eine Lernkurve in der neuen Spielklasse absolvieren musste. Sein Tempo-Vorteil zählt in der Liga nicht mehr so wie in der Regionalliga oder der 3. Liga. Dennoch: Insgesamt zehn Einsätze in der Startelf, weiter fünf Spiele nach Einwechslungen – das ist mehr Spielzeit als viele andere Kollegen im Kader.
Grodowski ist allerdings auch ein Spieler, der für sein Selbstbewusstsein im Grunde ständige Unterstützung benötigt – eine gewisse „Wohlfühlatmosphäre“. Dass er in den vergangenen Wochen häufiger auf der Bank Platz nehmen musste und in zwei Spielen gar nicht zum Einsatz kam, war für ihn offensichtlich schwer zu ertragen. Und aus dieser überraschend schnellen Unzufriedenheit erwuchs dann ein Wechselwunsch. Nicht durchbeißen, sondern weg.
Gegenseitige Hilfe
Das dürfte der SC Preußen durchaus verwundert zur Kenntnis genommen haben. Grodowski trug einen großen Anteil am Doppelaufstieg der Preußen. Aber der SCP bot dem Stürmer eben auch eine große Plattform, um sich zu entwickeln. Der von „Transfermarkt“ erfundene Marktwert von 50.000 Euro bei seinem Wechsel aus Hamm nach Münster wuchs auf nun 700.000 Euro. Dass der 27-Jährige dieses offenbar vorteilhafte Arrangement so schnell verlässt, ist seltsam. Vor allem im Vergleich zu anderen Preußen-Profis, namentlich und beispielsweise Simon Scherder, war Grodowskis Wille, auch mal eine etwas weniger starke Phase auszuhalten, nicht ausgeprägt.
Nach außen dürfte der Abgang sicher für Stirnrunzeln sorgen – „Johnny“ genießt in Münster einen gewissen Kultstatus. Doch in der Mitteilung, die der SCP am Dienstag verschickte, war die Sachlage deutlich zu erkennen. Der Spieler verlasse den SCP „auf eigenen Wunsch“. Und weiter: „Wir sind auch sicher, dass Joels Fähigkeiten weiterhin für Preußen hätten hilfreich sein können. Joel hat aber deutlich formuliert, nicht mehr für Preußen Münster spielen zu wollen“, wird Sportchef Ole Kittner zitiert. Sowohl er wie auch Trainer Sascha Hildmann wollten Grodowski eigentlich halten, stießen aber auf taube Ohren.
Am Ende habe man zwischen einem unzufriedenen Spieler und einem erheblichen Transfererlös abgewogen – und verkauft Grodowski nun an Arminia Bielefeld. Es musste wohl auch ein Verkauf sein, weil ein jubelnder Leihspieler Grodowski in einem Trikot von Essen, Osnabrück oder eben Bielefeld nur schwer denkbar gewesen wäre.
Thomas Kok schickte ein paar emotionale Worte zum Abschied. Auch Grodowski hinterlässt eine Nachricht. „Ich blicke mit großer Freude auf die besonderen Momente und Erfahrungen, besonders im letzten Sommer, zurück und bedanke mich bei allen, die mich dabei begleitet haben. Auch, wenn für mich nun ein neues Kapitel beginnt, wünsche ich dem Team und dem ganzen Club viel Erfolg für die Rückrunde.“ Nicht gerade ein Statement mit allzu großer Wehmut.
Dieser Wechsel war eine Flucht. Warum auch immer.