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Traumhafte Niederlage in Hamburg

1:4 in Hamburg: Niederlage drei im vierten Spiel. Sportlicher Abstiegskampf. Ja sicher, das ist alles ausbaufähig. Und dass Kritik am rein sportlichen Teil durchaus angebracht ist, liegt auf der Hand. Nur als Tourist will der SC Preußen Münster schließlich nicht in der 2. Bundesliga unterwegs sein. Anders gesagt: Der Adler muss bald mal ein paar Krallen zeigen. Und trotzdem ist das nicht der einzige Aspekt.

„Am Ende ist für den SCP nichts wichtiger als der Klassenerhalt.“ So steht es nun in einem Kommentar in den „Westfälischen Nachrichten“. Das mag man so sehen, im Vordergrund eines Fußballklubs steht schließlich der Fußball. Für einen Klub selbst sind Liga und Tabellenplatz relevante Eckpfeiler, die umso wichtiger werden, je höher ein Fußballklub spielt. Und letzten Endes geht es immer um Geld.

Aber Fußball ist mehr als nur ein Ergebnissport. Der Fußball bringt Menschen zusammen, wenn man das mal so halb pathetisch sagen will. Er dient weit mehr als nur der Tabelle. Ein Erlebnis wie das in Hamburg reicht daher über das nackte Ergebnis hinaus. Wann gab es das zuletzt, dass Rastplätze entlang der A1 voll mit schwarz-weiß-grünen Schals und Trikots waren? Und nicht solcher der Gladbacher? Nein, diesmal die richtigen Farben, der richtige Klub. Borken, Steinfurt, Coesfeld, Warendorf, Münster. Eine ganze Region setzte sich am Samstag (teilweise ja schon Freitag) in Bewegung. Und zwar trotz des wackeligen Saisonstarts. Trotz der dürftigen sportlichen Aussichten. Das sagt doch etwas.

Das „alle zusammen für Preußen Münster“ werde nicht für immer halten, heißt es in den „WN“ weiter. Und auch das ist formal korrekt. Nichts ist für immer. Aber man kann eben auch sagen: Dieses über mehrere Jahre gewachsene Verhältnis zwischen Fans und Klub und Mannschaft geht nicht zwingend in die Binsen, nur weil die Ergebnisse ausbleiben. Vielleicht muss man dem Umfeld zutrauen, dass es mehr versteht von dem, was da passiert. Dass der SCP aus Versehen (aber nicht unverdient) in eine Liga gestolpert ist, in die er weder infrastrukturell noch wirtschaftlich gehört. Zumindest nicht jetzt gerade.

Preußenfans in Hamburg.

Und das ist dann der Knackpunkt. Der SC Preußen kann am Ende der Saison absteigen, dann wird es nicht gereicht haben. Münster ist nicht der erste Aufsteiger, den dieses Los treffen würde. Aber selbst ein Jahr in der 2. Liga hätte etwas mit allen gemacht. Die Erfahrungen sind unbezahlbar – und wenn es der SC Preußen geschickt anstellt, fällt er nach einem Abstieg auch nicht ins Bodenlose. Die Perspektive ist da – in zwei Wochen bekommt sie Konturen. Dann ist das künftige Stadion endlich sichtbar. Mit dem Stadion wird der Klub eine ganz andere Wucht entfachen – nicht nur bezogen auf die reinen Ränge. Sondern auch bezogen auf die Atmosphäre, die Lautstärke im neuen Stadion. Diese Aussichten nimmt der SCP jetzt mit.

Und ganz ehrlich: Wer den SC Preußen länger als nur ein oder zwei Jahre begleitet, vielleicht schon seit zehn Jahren oder Jahrzehnten, kommt derzeit doch ohnehin nicht aus dem Staunen heraus. Sicher tut die Niederlage in Hamburg weh, verlieren will niemand. Aber das Erlebnis, gemeinsam im Trikot im Volksparkstadion zu stehen, auf einer Stufe mit dem Hamburger SV? Das ist unbezahlbar. Das ist noch vor drei Jahren unvorstellbar gewesen. Und es geht so weiter. Soll sich an dem Bild etwas ändern, wenn die Preußenfans auf Schalke aufschlagen? Im Berliner Olympiastadion?

Darf man sagen, dass dieses Gemeinschaftserlebnis weit über den Sport hinausgeht? Die Ergebnisse sind so oder so bald vergessen. Mindestens verblassen sie. Die Geschichten im Block, auf der Straße, auf dem Weg durch Deutschland: Diese Geschichten haben Bestand. Das verbindet. Ob die „Euphorie die Realität vernebelt“, fragt die „WN“. Es ist anders. Die Euphorie trotzt der Realität. Dass der SC Preußen sportlich noch nicht wirklich wettbewerbsfähig ist, kann jeder sehen, der die Spiele verfolgt. Aber was soll denn jetzt passieren? Aufsaugen, genießen, mitnehmen. Euphorie tanken ist angesagt, davon kann es nicht genug geben. 33 Jahre lang stand der SCP für Mittelmaß. Und jetzt, wo die Adler ein bisschen mitfliegen, soll die Freude darüber eine temporäre Erscheinung sein? Kann sein. Muss nicht. Vermutlich ist sie es nicht. Man müsste den Fans in der Kurve etwas mehr vertrauen, die wissen schon Bescheid.

Hamburg war traumhaft. Weil diese Momente mehr bedeuten als ein Ergebnis. So einfach ist das.

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11 thoughts on “Traumhafte Niederlage in Hamburg

  1. Gegen Kaiserslautern stand jemand neben uns in Block L und sagte ganz gelassen nach der Niederlage: „… Ist doch nicht schlimm. Wir sind ein Drittligist, der in der zweiten Liga mitspielen darf…“ Ich habe den Eindruck, dass zur Zeit sehr viele auf den Rängen stehen, die das ähnlich sehen. Wir nehmen die Saison mit, lassen uns den Spaß nicht nehmen und hinterlassen beim gastgebenden Verein einen wunderbaren Eindruck. So, wie am Samstag in Hamburg. Eine wahrhaftig traumhafte Niederlage.

  2. Für mich ist der Kommentar in den WN mehr als befremdlich. Gerade dieses Medium hat doch in den letzten Wochen/Monaten mehrfach darauf hingewiesen, wie ungleich die Voraussetzungen in der 2 Liga sind und das es Geduld braucht, das man wieder absteigen kann, etc. Ich lasse mir die Vorfreude auf die nächsten Spiele und die ganze Saison jedenfalls nicht nehmen oder kaputt machen. Seit 1989 geh in auf Preußen und die Mehrzahl der Jahre (Jahrzehnte) waren triste, mittelmäßige (Trauer)spiele. Da sind die letzten 4 Jahre und speziell dieses Jahr einfach nur wunderbar. Ich verliere nicht gerne und würde mir auch die ein oder andere Veränderung in der Mannschaft wünschen. Aber da vertraue ich voll auf unseren Trainer, der in den letzten Jahren eigentlich immer eine Antwort hatte. Wir haben jetzt September und wer kommt am 28.09 nach Münster? Der FC Schalke 04 (!!) und zwar die Erstvertretung (nicht seine Amateure!!!!!). Und in Bielefeld, Dresden, Offenbach, Mannheim, Wuppertal, Duisburg würde man sicherlich gerne da spielen, wo wir gerade unterwegs sind. Also, Kopf hoch Preußen, Mund abputzen und weiter hart arbeiten…. es wird aufwärts gehen!

  3. Toller Artikel, danke Carsten, für die „Erdung“! Du hast völlig recht – wir sollten alle die 2. Liga genießen! Und uns erinnern, was innerhalb so kurzer Zeit positiv passiert ist.

    Doch Heflik liegt auch nicht mit allem daneben. Letztlich würde es weder den Fans noch den Spielern Spaß bereiten, über die gesamte Saison durchgereicht zu werden und hieraus entstünde (menschlich nachvollziehbar) irgendwann nach ‚zig Pleiten auch Frustration. In der Folge auch Fragen und Analysen, ob ggf. der Kader nicht doch ein bisschen zu unausgewogen zusammengestellt wurde o.ä.. Wer weiß, Carsten, welche Artikel auch von Dir noch im März/April 2025 erscheinen werden…?
    Meine Meinung:
    Wer es in die 2. Liga schafft (wenn auch ungeplant „zu früh“), sollte alles daran setzen, das nicht nur als „geschenktes Abenteuer“ für 1 Saison zu nehmen – die Chance, nochmal wieder aufzusteigen, ist von vielen Faktoren abhängig, die auch mit Geld allein nicht (wieder) zu holen ist.
    Insofern ist meine Meinung ambivalent. Hoffen wir, dass es so läuft wie letzte Saison – Durchmarsch in die 1. Liga…;)

    1. Ich wollte auch dem Kollegen gar nicht so widersprechen – steht ja auch in meinem Text, dass Sport eine relevante Rolle spielt. Mein Fokus geht eher dahin, dass ich eben NICHT glaube, dass die Euphorie etwas vernebelt und dass ich glaube, man darf Vertrauen in die Fans haben. Und es geht eben noch um mehr als „nur“ Ergebnisse.

      1. Ja, Du hast recht, Du hast mit Deinem Artikel differenzieren und ein paar Dinge klarstellen wollen. Deswegen finde ich den Kommentar auch gut und richtig.
        Dennoch: Vor ca. 6 Jahren, als es sportlich frustrierend war, waren 6.000 bis 7.000 Zuschauer schon ein Erfolg. Der harte Kern war da. Der jetzige „Fan“-Zuspruch ist ganz klar auch dem sportlichen Erfolg geschuldet. Der „Kern“ geht auch bei einem Abstieg weiter ins Stadion. Und noch sind alle zufrieden und verstehen um alles. Das kann sich jedoch auch wieder ändern, nicht heute, nächsten oder übernächsten Spieltag. Insofern wollte ich nur Realismus um des Menschen Wankelmütigkeit und Vergesslichkeit aufzeigen. Und „Fan“ ist nicht gleich „Fan“. Auch das ist zu differenzieren.

        1. Kann ich alles nachvollziehen. Vor allem, dass natürlich vor allem der Erfolg mehr Leute anzieht – und die verabschieden sich ggf. auch am schnellsten wieder, wenn wir auf „Normalmaß“ schrumpfen.

    2. Also mal an alle! Dass wir jetzt in Liga 2 spielen ist doch ein Geschenk!!! Dass wir im Konzert der ‚großen‘ erst einmal keine große Rolle spielen konnte jeder erahnen. Wir müssen aber auch ehrlich sein und zugeben, dass wir mit unseren Mitteln ( Stadion, Finanzen, Kader usw.) in dieser Liga keine große Rolle spielen können. Die Erlebnisse wie jetzt in Hamburg mit all den positiven Erinnerungen zeigt uns zwar sportlich wo wir stehen; aber es zeigt eben auch dass wir eine starke und nachhaltig bestehende Fangemeinde sind!@! Mit diesen Fans, dem Trainer und dem super Kader können wir im Laufe der Saison noch viel bewegen…. selbst wenn wir zurück in Liga drei müssten…. also traut uns allen doch was zu?!!!!!!!

  4. War einfach ein tolles Erlebnis, unabhängig vom Ergebnis! Es waren auch mehr als nur die 6.000 im Preußen-Block im Stadion. Vor zwei Jahren haben wir in der Regionalliga zu Hause so viele Zuschauer, wie jetzt nach Hamburg fahren. Alles mitnehmen, was jetzt geht, das nimmt einem keiner mehr. Und Punkte werden wir schon noch holen, vielleicht reicht es ja auch für den Klassenerhalt.
    Eindruck hat das auch beim HSV gemacht. Deren Fans waren erstaunt, was in unserem Block trotz des Spielverlaufs los war. „In Sachen Stimmung seid ihr die Schotten der 2.Liga“ war ein Kommentar.
    Wochenendtrips nach Nürnberg und Berlin sind schon in Planung.

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