„Wir hauen noch einmal alles raus“
Die Spieltags-Pressekonferenzen sind in der Regel simpel gestaltet. Wer spielt, wer ist verletzt? Was macht der Gegner? Am Freitag ging es um Gefühle. Um Freude, um Stolz. Wen interessiert Ahlen? Die Rot-Weißen sind zwar Gast am Samstag beim SC Preußen Münster, aber auch nur Gast bei Münsters Party.
Welche Bedeutung das Münsterland-Duell in diesem Mai hat, lässt sich an Zahlen ablesen: Über 12.100 Preußen-Fans werden dabei sein. Ahlen hatte am Freitagmorgen 75 Gästekarten verkauft. Das sagt schon viel aus. Und: Am Spieltag gibt es keine Tageskasse für Gäste. Wer es mit Ahlen hält, hatte nur noch den Freitag für den Ticketkauf zur Verfügung.
Auch deswegen war der sportliche Teil schnell abgehandelt. Andrew Wooten ist fit, Gerrit Wegkamp spielt – auch wenn Trainer Sascha Hildmann noch kurz mit einem Bankplatz für den Goalgetter kokettiert hatte. Aber nix da, Wegkamp spielt. Und soweit es Trainer und Mannschaft betrifft, darf er auch gerne bester Torschütze der Liga werden. Ach ja, im Tor steht Maximilian Schulze Niehues, natürlich. Den Saisonkehraus lässt sich Münsters Nummer 1 nicht nehmen. Manfred „Manni“ Kwadwo bekommt kein Abschiedsspiel mehr, er ist krank, steht nicht im Kader. Es passt leider zu seiner Zeit in Münster, die mehr als durchwachsen war. Der 27-Jährige war fast durchgängig verletzt, kam gerade zu 5 Einsätzen in der laufenden Saison, nach seinem Wechsel aus Mannheim im Sommer 2021 verletzte er sich noch in der Saisonvorbereitung. Insgesamt kam er so nur auf 12 Einsätze in zwei Jahren. Er muss den Verein verlassen, so wie auch Dildar Atmaca (4 Saisoneinsätze).
Am Samstag spielen dagegen jene, die zuletzt auch den Stamm bildeten. „Alle waren wichtig für den Aufstieg, bitte nicht falsch verstehen“, so Sascha Hildmann. Aber natürlich sollen auch die auflaufen, die in den vergangenen Wochen und Monaten so stabil und souverän abgeliefert haben. Ein bisschen Belohnung ist es natürlich auch, ein Abschied vor großer Kulisse. „Wir hauen noch einmal alles raus“, versprach Hildmann.
Weil es am Freitag nicht mehr viel um Sport ging, sondern um Meisterschaft, Ehrungen und Rathaus, freute sich Hildmann diebisch. „Das ist die schönste Pressekonferenz. Wenn wir so was öfter hätten, hätten wir eine Menge richtig gemacht …“
Zum Spiel: Der Heimbereich ist seit Wochen und Wochen ausverkauft, es gibt keine Tageskasse. Eine Viertelstunde vor Spielbeginn werden die Spieler verabschiedet, die den Klub verlassen. Nach dem Spiel wird in der Nähe der neuen Lärmschutzwand das Siegerpodest aufgebaut – wer in Block K steht und dort wenig Sicht hat, darf und soll in Richtung Block O rücken. Dann haben praktisch alle im Stadion eine Chance, die Mannschaft von vorn zu sehen. Es gibt eine Meisterschale (oder Pokal? So sicher waren sich nicht alle am Freitag), dann wird gefeiert. Im Stadion, diesmal allerdings ausdrücklich ohne „Platzbegehung“ durch die Fans. Abends wird in gediegenem Rahmen in der Speicherstadt gefeiert, am Sonntag dann vor, im und am Rathaus.
Apropos Abschiede: Am Donnerstag hatte der Trainer seine ganze Truppe (inklusive Partnerinnen und Kindern) zum Grillen ins Stadion gebeten, ganz zwanglos. „Jeder hat einen Salat mitgebracht, ein paar Bierchen, so wie früher“, meinte Hildmann. Der Trainer hielt eine Rede, eine etwas längere. Um Danke zu sagen und sich zu verabschieden. Einige der Kicker werden nach dem Sommer nicht zurückkehren an die Hammer Straße, Nicolai Remberg oder Henok Teklab beispielsweise. Andere spielen weiter in schwarz-weiß-grün. So oder so: Die gemeinsame Reise hat zusammengeschweißt. „Ich hab den Jungs gesagt, sie können mich anrufen, Tag oder Nacht, ganz egal.“ Ob das wirklich notwendig wird, steht auf einem anderen Blatt, aber hier geht es ja auch um die Geste. Um die Verbindung mit dem Team.
Und am 25. Juni (bzw. ein paar Tage eher zu den üblichen ärztlichen Checks) geht es schon wieder weiter, dann als Drittligist. „Es war ein verdammt harter Weg in den vergangenen 3 Jahren. Aber auch ein schöner Weg“, so Hildmann. Auch für ihn wird es darum gehen, das alles noch zu fassen. Vielleicht im Urlaub sei es möglich, abzuschalten und alles sacken zu lassen. Das gilt auch für die Spieler. 10 Tage lange sollen die (also jene, die bleiben) einfach gar nichts machen. Komplett runterfahren. „Obwohl es da ein paar Jungs gibt, die schlafen ja mit dem Finger in der Steckdose, die wollen immer was machen“, meinte Hildmann grinsend. Nun, jeder wie er mag.
Weil sich die ganze Truppe aber am Sonntag nach dem Empfang im Rathaus in alle Winde verstreut, war der gemeinsame Abschied noch einmal gut für das Team.
Der Rest wird dann am Samstag erledigt. Gegen Ahlen. Im „Derby“. Oder wie man in Münster sagt: „Aufstiegsparty“.