Seltsames Echo auf „Bank-Aktion“ von Westfalen AG und Preußen Münster

Die Geschichte ist sehr simpel: Mit einer „Bank gegen Ausgrenzung und Rassismus“ will die Westfalen AG mit Sitz in Münster auf ein gesellschaftliches Problem hinweisen. Der Bank fehlt buchstäblich ein Platz – und das ist dann auch schon der ganze optische Gag daran. Es ist eben ein Symbol, ein Zeichen. Da braucht es keine großen Erklärungen. Jetzt steht so eine Bank auch an den Trainingsplätzen des SC Preußen Münster, direkt am LVM-Jugendstadion. Damit hätte es sich eigentlich, aber für die Aktion gab es online eher Gemecker und Gemotze. Man wundert sich. Ein Kommentar.
Die „Bänke gegen Ausgrenzung und Rassismus“ gibt es in verschiedenen deutschen Städten. Die Botschaft wird deutlich durch einen fehlenden Platz auf der Bank – es ist der fehlende Platz für Ausgrenzung.
Die Westfalen AG hatte bereits im April eine solche Bank an der Tankstelle an der Steinfurter Straße platziert. Jetzt gibt es auch eine im Jugendbereich des SC Preußen, für den sich die Westfalen AG unter anderem engagiert.
Damit könnte das Thema auch schon wieder beendet sein. Ist es aber nicht. Denn die bloße Ankündigung der Aktion zog eine Reihe unhöflicher Reaktionen nach sich. Die Aktion sei „semigelungen“, „ausgrenzend“ oder sogar „menschenfeindlich“. Der Klub sei „asozial“ und die ganze Aktion seit „gut gemeint, aber nicht gut gemacht“. Das alles war auf „Bluesky“ zu lesen.
Facebook-Hölle
Da sollte man den Weg zu Facebook lieber gar nicht erst wagen. Und erwartungsgemäß drifteten die Kommentare dort von einer ersten Ablehnung direkt zu Debatten über Ticketpreise oder andere Themen. Debattenkultur im Internet im Allgemeinen und auf Facebook konkret ist eigentlich nie empfehlenswert, hier geht es aber völlig am Thema vorbei.
Man kann von solchen plakativen Aktionen halten, was man will. Zu sagen, dass sei bloße Symbolpolitik, wäre sicher nicht völlig abseitig. Denn über das Aufstellen einer Holzbank mit Westfalen-Logo geht die ganze Sache nicht hinaus. Das wäre schon der Anlass zu ein paar Nachfragen. Und ob die Optik nun wirklich für alle sofort verständlich ist, kann man auch hinterfragen. Andererseits könnte man erwarten, dass man sich mit der Idee wenigstens kurz beschäftigt, ehe man lospoltert.
Die im Kern aber innvolle Botschaft gegen Ausgrenzung und Rassismus, die mit diesem optischen Vehikel transportiert wird, allerdings durch Whataboutism zu zerreden, ist allemal sinnlos. Da wird nun Kritik geäußert, weil auf der kurzen Bank ja kein Obdachloser nächtigen könne. Aber diese Bänke sind ja auch nicht vorrangig als Sitzbank gedacht, sondern als Zeichen. Wer sollte sich eigentlich an der Steinfurter Straße an der Westfalen-Tankstelle niederlassen? Wer soll auf dem Fußweg zwischen Hammer Straße und der Sporthalle Berg Fidel freiwillig nächtigen?
Diese Bänke sind nicht Sitzmöbel. Sie sind ein Zeichen. So wie die berühmten „Stolpersteine“, die an die Vertreibung jüdischer Familien während der Nazizeit erinnern.
Was soll die Kritik jetzt überhaupt für Konsequenzen haben? Darf man etwa kein Zeichen setzen, weil irgendwer dieses Zeichen fehldeutet oder ihm eine ganz andere Bedeutung zuweist? Oder weil irgendwer anders irgendein völlig anderes Problem zum Thema macht? Geht Protest gegen Rassismus nicht mehr, weil man nicht automatisch und zeitgleich noch gegen Tierquälerei oder für Klimaschutz eintritt? Ob sich wohl das nächste Unternehmen dreimal überlegt, ob es für eine Haltung eintritt?
Obdachlosigkeit ist ein Problem. Es ist aber nicht Inhalt und Ziel der aktuellen Aktion. Man kann nicht mit einem für alles sein.
Carsten, da ich ja so ein wenig zitiert werde, das „semigelungen“ stammt von mir, eine kurze Erläuterung.
Die Ebene die du beschreibst sehe ich durchaus. Aber Bänke sind zu einer Art Symbol geworden. Es gibt einen Wikipedia-Eintrag mit dem Titel Defensive Architektur. Ich bin ehrlich, es war mein Gedanke als ich cirka 20 Sekunden drüber nachgedacht habe.
Ich sehe den Willen in Symbol gegen Ausgrenzung zu setzen, ich sehe aber auch, dass dieses Symbol maximal unglücklich ist, den „defensive“ Sitzmöbel sind das auch. Gut gedacht, schlecht gemacht. In der Summe semigelungen.
Zu der Formulierung stehe ich, ich finde sie auch nicht so, dass man sie als Zeichen der verfallenen Sitten in sozialen Medien heran ziehen muss.
„Semigelungen“ ist auch nicht der Aufhänger, wie du an den weiteren, deutlich heftigeren Formulierungen erkennen kannst. Ich verstehe auch die Problematik „defensiver“ Sitzmöbel. Das greift meiner Meinung nach hier einfach nicht, sondern wird von außen drübergestülpt. Das halte ich für verkehrt.