Preußen Münster geht’s gut
Die Jahreshauptversammlung des SC Preußen Münster ist vorbei, knackige drei Stunden waren die 332 Mitglieder am Sonntag in der Hiltruper Stadthalle beschäftigt. Dann entließ sie Versammlungsleiter Martin Jostmeier in die bittere Kälte des Januartages. Draußen eisig, drinnen schön warm: Dem SC Preußen Münster geht’s gut. Das war wohl die Botschaft des Tages.
Es war im besten Sinne irgendwie langweilig. Aufregerthemen? Eher nicht. Zwei Punkte waren zu verarbeiten, zu denen es Gesprächsbedarf hätte geben können. Die Finanzen waren der eine davon. Ein dickes Minus, das teilweise durch steuerliche Bewertungen auf rund 2 Millionen Euro gedrückt wurde, trieb niemanden die Sorgenfalten auf die Stirn. Auch, weil der SCP seit dem vergangenen Jahr klug damit fährt, den Mitgliedern den wirtschaftlichen Misserfolg transparent zu „verkaufen“. Erstens meldet der Klub anstehende Krisenzahlen mit Vorlauf selbst, so dass niemand während der JHV überrascht wird. Und zum zweiten waren die Fehlbeträge sowohl 2024 wie auch 2025 eben gut erklärbar. Zwei Aufstiege in Folge, unerwartete Prämien, der Stadionumbau – jetzt spielt der SCP gegen den HSV und Köln. Wer regt sich da über ein Minus auf, wenn draußen in der Westkurve Bagger stehen?
Angesichts eines prall gefüllten Eigenkapitals gibt es ohnehin keinen Grund zu Sorge. Das Minus der vergangenen Monate ist ein anderes als das, das den SCP um 2016 herum fast in den Ruin getrieben hätte. Es ist auch ein ganz anderer Klub als noch vor ein paar Jahren. Finanzen aktuell mau, aber der Ausblick prächtig.
Vertagte „X“-Debatte
Das andere Thema mit Stress-Potenzial war der mögliche Abschied von der Social-Media-Plattform „X“. Eine Plattform, auf die der SCP ganz früh setzte und wo er über eine ganz umfangreiche Follower-Szene verfügt. Aber „X“ ist eben mittlerweile auch Hass, Hetze, rechte Parolen, AfD-Anbiederung, Fake News, Verschwörungstheorien. Kurz: kein schöner Ort, um als Klub mit einem ganz anderen Leitbild dort aktiv zu sein. So war es dann in etwa in einem Antrag formuliert, der dann allerdings nicht gut eingeleitet und vorgetragen wurde. Eine Debatte blieb bis auf zwei Wortmeldungen sogar ziemlich aus – auch weil Präsident Dr. Bernward Maasjost das Thema in gewisser Weise „wegmoderierte“. Das Präsidium habe sich noch keine klare Meinung gebildet, ließ er wissen. Das sei aber nicht so zu verstehen, dass man das Thema elegant aus dem Weg schaffen wollte. Im Gegenteil: Man wolle sich schnell, in jedem Fall bis Saisonende, eine Meinung bilden. Auch das Leitbild-Team soll dabei mit einbezogen werden. Maasjosts Vorschlag: Eine Entscheidung sollte noch nicht am Sonntag fallen. Auf Nachfragen hin ließ sich Maasjost auf den Termin Ostern ein. Bis dahin wolle der SCP sich dann im Klaren sein, wie er mit „X“ umgeht.
Die leise Kritik, die man daran äußern könnte? Der Antrag sollte das Meinungsbild der Mitglieder abfragen, nicht des Präsidiums. Schön, wenn man sich im Gremium einig wird – aber um dessen Gefühl oder Haltung ging es eigentlich nicht. Mit einem leichten Raunen und spärlichem Beifall wurde das Thema vertagt. Es blieb der einzige Moment, in dem der SC Preußen nicht ganz so „hell“ wirkte.
Stadion, Geldgeber, Sport
Alles andere? Eine fast ungeteilte Freude. Gestützt durch den späten 2:1-Erfolg gegen Fürth hatte sich der SCP pünktlich zum Sonntag in eine schöne Lage gebracht. Als die Mannschaft nach dem Spielersatztraining am Sonntag in der Stadthalle einlief, gab es stehende Ovationen. Marc Lorenz hielt eine kurze Lobrede auf das Team und dessen Einstellung. Sascha Hildmann wollte eigentlich gar nichts sagen, musste dann aber doch, weil einer aus der Versammlung ihn vehement forderte. „Das ist doch bestimmt der, der das vor fünf Jahren auch schon wollte“, grinste Hildmann und sagte dann auch Danke und betonte, wie wohl er sich fühle. Also alles tutti.
Sport-Geschäftsführer Ole Kittner sprach über den Klassenerhalt – aber auch über einkalkulierte Rückschläge. Über einen klaren Kopf und Blick auf eine nachhaltige Entwicklung, nicht kurzfristiges Harakiri. In die gleiche Kerbe schlug Geschäftsführer Dr. Markus Sass, der bei der Präsentation der Zahlen gut einordnete, warum es dem SC Preußen eben doch eigentlich blendend gehe.
Der Nachwuchs? Auf Kurs, meldete Sören Weinfurtner. Bald wird am Preußenstadion, direkt am Trainingsplatz, eine Containeranlage für das Leistungszentrum entstehen. Ganz neue Möglichkeiten für die Jugend. Im Februar beginnt Philipp Deipenbrock seine Geschäftsführertätigkeit beim SCP – dass man den aktuell bei Bayer Leverkusen beschäftigten Fachmann habe abwerben können, sorgte sichtbar für Stolz bei Aufsichtsratschef Frank Westermann.
8.700 Mitglieder
Und bei den Mitgliedern jagt der SCP mittlerweile einen Rekord nach dem nächsten. Es ist erst ein paar Jahre her, als sich der SCP über 1.906 Mitglieder freute. Seit Samstag sind es mehr als 8.700. Dass der Zustrom der vergangenen. Monate nicht ohne Probleme am SCP vorbeiging, gab Präsidiumsmitglied Burkhard Brüx offen zu – und bat um Entschuldigung für manche Panne. Und weil so etwas einfach gut ankommt, gab es großen Applaus. Sozusagen ein aufmunternder Klaps der Mitglieder – und Brüx selbst wurde mehrfach für sein großes Engagement für Mitglieder und Fan(themen) gelobt. Für die Fangemeinschaft zeichnete Hendrik Brüggemann ein positives Bild von der Entwicklung der aktiven Fanszene – und warb noch einmal dafür, dass auch künftig gelten müsse: „Alle zusammen für Preußen Münster“. Das quittierte die Versammlung erneut mit deutlichem Applaus.
Stress innerhalb des Klubs gibt es ebenfalls nicht, das bestätigte ganz offiziell auch Ehrenratsvorsitzender Hannes Pfeiffer. Und über allem waberte immer wieder das Bild des künftigen Stadions, dessen Bau nun unübersehbar bevorsteht. Ein Symbol für den eigentlich unglaublichen Aufschwung, den der SCP in den Jahren seit 2000 erlebt hat.
Dem Klub geht’s also gut, keine Frage. So gut wie selten. Denn im Gegensatz zu früher müssen aktuell nicht Löcher gestopft werden, es muss nicht kurzfristig reagiert werden. Der SCP hat Ruhe und ist in der Lage, vorausschauend zu planen. Und die Aussichten sind so gut wie selten. Und weil das offenbar auch die Mitglieder so sehen, gab es praktisch keinerlei Aussprache, keine kritischen Nachfragen. Alles lief durch, wie gesagt: Langweilig im bestmöglichen Sinn.
Rückblick: