KI-Schrott über „Preuben“ Münster
Es gibt untrügliche Anzeichen dafür, dass der SC Preußen Münster im Profifußball angekommen ist. Man merkt das unter anderem daran, dass im Schlepptau des sportlichen Erfolgs auch Trittbrettfahrer aufspringen, die aufs schnelle Geld aus sind. Aktuelles Beispiel: Ein KI-Schrottbuch auf Amazon.
Der Titel, um den es geht, hört auf den schönen Namen „Die Helden von Preuben (sic!) Münster“ und stammt aus der Feder der nicht minder schön benannten Autorin Emilia Bauer.
Man darf unterstellen, dass sowohl das Buch wie auch seine Autorin Erfindungen einer generativen KI sind, also der Maschine statt Mensch entstammen. Erzeugt und vertrieben wird das schmale Büchlein offenbar über das Programm Kindle Direct Publishing (KDP). Das ist Amazons eigener Publishing-Kanal, der längst mehr als berüchtigt ist für eine ganze Welle von KI-generierten Büchern. Um das Buch zu kaufen, braucht es 12,99 Euro für ein schmales Paperback, aber das Werk ist auch fest gebunden erhältlich, kostet dann aber bereits stolze 19,99 Euro. Und weil es ein Amazon-Titel ist, bekommt man ihn auch nur dort beziehungsweise bei Thalia, die offenbar Amazon-
Intellektuelle Haushaltsauflösung
Um das vorwegzunehmen: Das Preußenjournal hat die 12,99 Euro investiert, damit es sonst niemand tun muss. Und die dringende Empfehlung wäre auch direkt, einen großen Bogen um diesen Schrott zu machen. Denn das Niveau des gesamten Produkts hat etwas von einer intellektuellen Haushaltsauflösung.
Es beginnt damit, dass die KI den Klub auf dem Cover „Preuben Münster“ nennt und sich niemand die Mühe machen wollte, diesen kleinen Fehler (oder ist es überhaupt einer?) zu beheben. Der Untertitel verspricht „die 40 größten Legenden der Adlerträger“ – und potzblitz!, da will man doch direkt emotional einsteigen. Zumal auf dem Cover noch ein beliebiger Symbol-Adler zu sehen ist.
Man könnte beispielsweise mit Dirk Caspers einsteigen. Nur für den unwahrscheinlichen Fall, dass bei dieser Legende nicht sofort die Glocken läuten: Caspers spielte 2006/2007 in der Oberliga Westfalen ein Jahr lang für den SC Preußen und ist ganz bestimmt ein ausgesprochen angenehmer Mensch. Ganze 31 Spiele machte er in der ersten Viertliga-Saison in der Geschichte des SC Preußen Münster und erzielte dabei fünf Tore. „Eine Bilanz, die manchen Stürmer vor Neid erblassen lässt“, schwelgt die KI vor sich hin. Wer erinnert sich nicht? Beispielsweise an sein Tor bei der 1:3-Niederlage in Herne. Oder den Treffer bei der 1:2-Niederlage in Verl. Wunderbare Zeiten in einer Mannschaft, die das klare Ziel des Wiederaufstiegs 2007 so dermaßen verkackte, dass Trainer Georg Kreß die Saison nicht beenden durfte und der SCP hintenraus die Zuschauer aus dem eigenen Stadion vertrieb. Das letzte Heimspiel im Mai 2007 gegen den FC Gütersloh sahen immerhin 960 Zuschauer. Legende!
„Tiefe Verbundenheit“ und „dunkle Schatten“
In jeder zweiten Beschreibung ist zu lesen, welch „tiefe Verbundenheit“ Spieler XY zum SCP fühle. Und hier und da streut die KI „dunkle Schatten“ ein – beispielsweise bei Vereinslegende Christoph Metzelder. Auch nicht gerade der Spieler, den man heute noch als Vereinslegende bezeichnen möchte. Die KI trifft aber keine moralischen Entscheidungen.
Mit Adjektiven hat es die KI besonders gut gemeint. Kein Text kommt ohne Superlative aus. „Unendlich wertvoll“ (Ornatelli), „Botschafter des Vereins“ (Bakalorz), „Verbindung aus treuem Dienst auf dem Rasen und entscheidendem Eingreifen als Trainer“ (Antwerpen) oder der „visionäre Manager“ (Malte Metzelder): Man möchte vor Verzückung in die Luft springen, Tränen in den Augen vor Rührung.
Die Auswahl der weiteren Legenden erfolgt ungefähr auf diesem Niveau. Man mag darüber streiten, ob Marek Lesniak (geiler Typ!) eine Preußen-Legende ist. Oder Babacar N’Diaye (geiler Typ!). Aber muss man Sebastian und Matthias Langkamp erwähnen? Deren Beitrag zum SC Preußen Münster fällt ja doch eher bescheiden aus. Pellegrino Matarazzo? Hier muss sogar die KI zugeben, dass sein Ruf eher auf seiner späteren Karriere als Trainer gründet – ganz weit abseits von Münster. Es wird schlimmer und schlimmer. Maurice „Mucki“ Banach ist längst tot und liegt in Münster begraben, aber unvergessen ist er für seine Zeit bei der SG Wattenscheid und seinen Wechsel zum 1. FC Köln. Für ihn wie auch für „Katze“ Zumdick gilt: Ja, da war mal was mit Preußen, aber nicht wirklich.
Noch einer: Fabrizio Hayer! Zwei Jahre spielte er in der drittklassigen Regionalliga Nord für die Preußen. Die holten in diesen zwei Jahren die Tabellenplätze 13 und 11. Das ist der Stoff, aus dem kalte Preußennächte sind. Legenden überall, die KI macht’s möglich.
Legenden im Osnabrücker Trikot
Ansonsten ist das Büchlein offenbar auf einem Trip in die jüngere Vergangenheit, in der sich dann Namen wie eben Ornatelli und Bakalorz, Masuch oder Grote befinden. Andere wiederum, beispielsweise Hans-Werner Moors, fallen zugunsten von Julian Loose weg.
Und ja, es gibt auch ein paar echte Legenden: Fiffi Gerritzen. Benno Möhlmann. Rolf Blau. Kelle Krekeler.
Und Ansgar. Tiefe Verbundenheit.
Und nebenbei: Einige der durchweg ohne Bildnachweis verwendeten und „künstlerisch“ verfremdeten Bilder waren leider nicht im Preußen-Look zu haben, so dass manche der Preußen-Legenden im Trikot des VfL Osnabrück oder SV Ingolstadt oder MSV Duisburg zu sehen sind. Getrennt in den Farben und getrennt in der Sache, was weiß schon die KI?
Wie heißt es im Klappentext so schön? „Geschichten über Aufstieg, Rückschläge und den unerschütterlichen Teamgeist der Adlerträger – Überblick über die Entwicklung des Vereins anhand seiner prägendsten Persönlichkeiten – „Die Helden von Preußen Münster – Die 40 größten Legenden der Adlerträger“ ist ein Muss für alle, die Fußball lieben und die Seele eines Traditionsvereins spüren wollen. Jetzt die packenden Geschichten der wahren Adlerträger entdecken!“
Einfach nein.
FlipFlop Verlag
Seitenzahlen oder ein Inhaltsverzeichnis sucht man vergeblich. Das deutsche Recht verlangt immerhin die Angabe eines Impressums. Und dort findet sich neben einer ausgesprochen professionellen Gmail-Adresse auch der Name Oliver Kuhn. Der war einst Chefreporter beim Playboy, später zwischen 2009 und 2019 Geschäftsführer in der Münchner Verlagsgruppe. Nach Kuhns Abschied beim Verlag gründete er gemeinsam mit Pascale Breitenstein (ebenfalls zuvor Münchner Verlagsgruppe) den Yes-Verlag, der unter dem Dach der Münchner Verlagsgruppe für allerhand „bunte“ Ware zuständig ist. Und nebenbei scheint das Label FlipFlop-Verlag ein Müllhaufen für den schnellen Amazon-Euro zu sein. Aus der gleichen KI stammen dort nämlich weitere Höhepunkte, beispielsweise ein Ausmalbuch mit unlustigen Bildchen oder ein „genial lustiges Humorbuch“ mit lauen Bürogeschichten über Kaffeemaschinen und mehr. Alles in spartanischer Optik und tragischer Qualität. Immerhin warnt das Impressum: Die Inhalte des Buches seien urheberrechtlich geschützt. Mutmaßlich lacht sich in München Oliver Kuhn kaputt.
Übrigens: Das Preußenjournal hat den FlipFlop-Verlag um ein paar Informationen zum Buch gebeten. Antworten werden da aber wohl kaum zu erwarten sein.
Hände weg von diesem Müll.

