preussenjournal.de auf             

Pyrotechnik in Münster: Viel Rauch um wenig

Pyrotechnik in Münster: Viel Rauch um wenig
Pyrotechnik im Spiel gegen Hertha BSC.

Die Saison ist beendet, doch dem SC Preußen Münster werden in den kommenden Wochen und Monaten noch einige Bußgeldbescheide vom DFB hereinflattern. Die zuletzt geahndete Partie war das Heimspiel gegen Ulm – und diese Strafe wurde dem SCP erst am 11. April zugestellt. Doch das übliche Gestöhne über Strafen, über Gefahren und Rechtsverstöße führt wie immer… zu nichts.

Stand jetzt steht der SC Preußen bei 61.400 Euro Strafen – auf diese Summe kommt man, wenn man die einschlägigen Urteile auf der DFB-Seite zusammenrechnet. Das ist nicht wenig, aber reicht in der 2. Bundesliga gerade einmal für Platz 12. Vom Spitzenreiter Köln (derzeit 486.000 Euro) ist der SCP ein ganz schönes Stückchen entfernt.

Von den bisherigen Strafen fielen auch nur zwei etwas umfangreicher aus – im Pokalspiel gegen Stuttgart wie im Heimspiel gegen Schalke rauchte es sichtlich. Jeweils 14.400 und 25.200 Euro wurden fällig. Der Rest? Nun ja, hier mal 600 Euro, dort mal 3.800 Euro. Alles nichts Dramatisches und folgerichtig drehten sich die Debatten in dieser Saison um alles mögliche, aber eher nicht um Pyrotechnik. Es gab schon deutlich auffälligere Jahre in der 3. Liga. Beispielsweise im Vorjahr kamen rund 170.000 Euro zusammen beim SCP.

Pyrotechnik im Spiel gegen Hertha BSC.

Nun wird sich die Strafensumme für die Saison 2024/2025 noch erhöhen, mutmaßlich sogar deutlich (allerdings gilt das für alle anderen Klubs ebenfalls, denn die Mühlen des DFB-Sportgerichts mahlen langsam). Denn gerade die letzten beiden Spiele waren teilweise deutlich verraucht. Insbesondere gilt das für das Heimspiel gegen Hertha. Es war ein besonderes Spiel. Es war nicht nur das letzte Heimspiel, es war auch der zweite so elementar wichtige Anlauf zum Klassenerhalt. Vor allem war es ein Abschied.

Über Jahrzehnte war die Ostkurve Heimat der Preußenfans, mal in Block O, mal in M, dann mittendrin in N. „Stufen, die die Welt bedeuten“ hing vor zwei Wochen in gewaltigen Lettern vor der Fiffi-Gerritzen-Kurve, dem Herz der aktiven Fanszene. Hier in der „FGK“ werden die Bilder produziert, die anschließend überall mit (oft großer) Begeisterung geteilt werden. Jedenfalls deutlich mehr so als mit kritischer Kommentierung.

„Stimmung“ definiert sich hier, nirgends sonst. Hier singt das Stadion, hier tobt das Leben auf den Rängen. Das ist nicht immer fein und elegant und legal ist es auch nicht immer, manchmal schießt die Kurve übers Ziel hinaus – sowohl im Umfang des Pyro-Einsatzes wie auch Dritten gegenüber. Das alles ist Teil des Ganzen. Man bekommt das Leben im Stadion nicht ohne das Drumherum. Da ist eine Fankurve wie der Mensch selbst auch. Ambivalent, gespalten, ein kleiner Teufel und ein kleiner Engel. Pyrotechnik ist nicht die Seele des Fußballs, war sie nie und niemand behauptet das, aber Pyrotechnik ist trotzdem ein Teil der Fankultur in Münster. So ist es auch in vielen, vielen anderen Klubs. Man muss das nicht verstehen, man darf dieser Tatsache gegenüber sogar völlig ignorant sein, aber Fakten ändern sich nicht durch Belehrungen über Rechtsfragen von außen.

Die ganze Debatte ist ohnehin sinnlos. Sie wird seit Jahrzehnten geführt, aber weiterhin ziellos. Es gibt für den Moment keine „Lösung“ – und vielleicht ist eine „Lösung“ auch gar nicht gefragt. Der DFB bekommt das Thema nicht in den Griff, die Klubs bekommen es nicht in den Griff, was soll man tun? Manchmal hört man: „Die ganze Kurve sperren, Stadionverbot für alle“ – das ist die in etwa dümmste Antwort, die man auf die Frage finden kann. Das ist einfach nur billige Polemik.

Pyrotechnik im Spiel beim SSV Ulm.

Ganz nebenbei bemerkt – aber auch keine originelle Argumentation mehr: Die Dramatik der Kritik steht in keinerlei Verhältnis zu den tatsächlichen Folgen. Das Spiel gegen Hertha versank minutenlang in Rauch, aber Meldungen über Verletzte blieben anschließend aus. Zu hören ist allerdings, dass es Fans mit Atembeschwerden gab, was angesichts der heftigen Verneblung nicht überraschend wäre.

Grundsätzlich gilt aber auch: Seit Johannes B. Kerner mal in einer legendären Sendung eine brennende Fackel in eine Schaufensterpuppe drückte, ist kein Mensch gestorben. Das muss und darf natürlich auch nicht so weit kommen, versteht sich, aber wenn man Kritikern folgt, ist es ein reines Wunder, dass bisher alle den Stadionbesuch überlebt haben. Das ist eine Dramatik, die der Sache eben nicht gerecht wird. Das ist auch wahr.

Und nun? Dass der DFB empfindlich reagieren wird auf die Spielverzögerung in der Partie gegen Hertha BSC, liegt auf der Hand. Der SC Preußen wird es verkraften. Es war ein besonderer Moment in Münster. Gelegenheitszuschauer werden das nicht verstehen, dazu muss man mal auf der alten Ost gestanden haben, dieses Gefühl erlebt haben. Von dort hinten auf das Spiel zu schauen, die vielen Spiele der letzten zehn, 20, 30 Jahre erlebt zu haben, im Regen, bei Sturm und Hagel, bei sengender Hitze, Pokalspiele, Ligaspiele gegen Bayer Leverkusen II oder Arminia Bielefeld… damit verbinden sich eben emotionale Momente, die beim Abschied gegen Hertha noch einmal in den Kopf sprangen. Wenn jetzt wieder einmal ein „intensiver Dialog“ gefordert wird, ist das zu billig. Dialoge gibt es nämlich ständig beim SC Preußen – und sie haben auch (positive) Folgen. Sie werden aber nicht öffentlich geführt, sondern intern und hinter den Kulissen. Nach der Eskalation mit dem Feuerwerk im Pokalspiel gegen Bayern München trug das auch zu einer Spendenaktion bei – über 21.000 Euro sammelten Fans, um die DFB-Strafe gegen den SCP zu mildern. Die Dinge sind eben immer etwas komplexer als ein paar schnelle Forderungen.

Also: Die Bilder, die das Preußenstadion gegen Hertha und auch in anderen Spielen produzierte, werden tausendfach geteilt. Sie geben eine Eindruck in die Atmosphäre, die so ein Stadion liefert. Und sie sind auch der Hintergrund für die Social-Media-Postings, die anschließend von der Hammer Straße ins Internet geschickt werden. Der Rauch verzieht sich, das Gefühl bleibt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert