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Preußen Münster – ein American Dream

Preußen Münster – ein American Dream
Preußenjubel ist ansteckend.

Seit 2018 ist die Profiabteilung des SC Preußen Münster in eine Kapitalgesellschaft ausgegliedert. Mittlerweile zählt diese KGaA ein Grundkapital von fast neun Millionen Euro. Vor allem in den vergangenen zwei Jahren wuchs dieses Kapital spürbar an, woran auch einige Geldgeber aus den USA ihren Anteil haben. Der SCP ist nämlich nach zwei Aufstiegen und dem Startschuss für das Stadion endlich da, wo man ihn sich 2016 hinträumte – und damit plötzlich auch ein Sehnsuchtsort für sportaffine Investoren aus den USA. Der SCP, ein American Dream? Hier ist die Geschichte dazu…

Geld war nach der Ausgliederung 2018 lange knapp, eigentlich ging es damals nur darum, den angezählten Klub überhaupt am Leben zu halten. Das war notwendig und wichtig, denn so ab 2015 fuhr der Verein Jahr um Jahr teils erhebliche Fehlbeträge ein. Das Team rund um den damals noch neuen Präsidenten Christoph Strässer und den schnell folgenden Aufsichtsratschef Frank Westermann musste ab 2016 vor allem dafür sorgen, den schlingernden und verschuldeten Klub zu stabilisieren. Wenn jemand also Anteile an der neuen KGaA zeichnete, dann waren es zum Start vor allem Gremienmitglieder und Freunde des Klubs, die mit ihren Zeichnungen dafür sorgten, dass die Zulassung zur 3. Liga nicht in Gefahr war. Man muss sich erinnern: Auf der ersten Mitgliederversammlung nach der Ausgliederung wurden Verbindlichkeiten in Höhe von 4,4 Millionen Euro bekannt…

Irgendwann mal …

An zusätzliche, externe Investoren war eigentlich nicht zu denken. Wann immer man die Klubführung danach fragte, erfolgte stets der in die Zukunft gerichtete Verweis auf einen Stadionneubau. Fantasie war vorhanden, aber eben ausgerichtet in eine nähere oder fernere Zukunft, die irgendwie besser sein sollte.

Doch genau in dieser Situation befindet sich der SC Preußen Münster jetzt. In seiner eigenen Zukunft, die real geworden ist. 2. Bundesliga, zwei Aufstiege, ein anhaltend ausverkauftes Preußenstadion. Man stelle sich dieses Szenario in 2016 oder 2017 vor. Oder sogar noch im Sommer 2020, kurz nach dem Sturz in die Viertklassigkeit. Aber weil sich der SCP durch viele richtige Weichenstellungen erfolgreich berappelte, ist aus dem zerrupften Adler durchaus ein stolzes Wappentier geworden – und damit zugleich attraktiv für Geldgeber.

Wer in den vergangenen zwei Jahren hin und wieder einen Blick auf die Liste der Kapitalgeber warf, fand dort plötzlich erstaunliche Namen. Robison Holding LLC, Kamp Sports Entertainment Group, Icebook Investments Corp.

Und Orte. Dubai, Calgary, Dallas, New York, Chicago.

Allein 2023 und 2024 zeichnete ein gutes Dutzend Geldgeber Anteile an der KGaA. Und die große Frage ist:

Warum?

Auf diese Frage gibt es nicht in allen Fällen klare Antworten. Einige werden in einem aktuellen Artikel verständlich, der in der vergangenen Woche im kanadischen Magazin „Financial Post“ erschien. Sinngemäß heißt es in der Überschrift: „Wie ein Hocky-begeisterter Ölmann aus Alberta Miteigentümer einer deutschen Fußballmannschaft wurde“. Und ja, diese deutsche Fußballmannschaft ist der SC Preußen Münster. Ein Team, das nach einst eher ruhmreichen Zeiten zuletzt etwas in eine gewisse „Irrelevanz“ geschlittert sei.

In dem Text geht es unter dem Foto eines jubelnden Jano ter Horst (im Spiel gegen Düsseldorf) zunächst um die Geschichte von Scott Saxberg, einem kanadischen Öl-Unternehmer, Entrepeneur und Autor („Those we carry“), der schon seit einiger Zeit in Sporteams investiert, vor allem aber solche aus Nordamerika. Für die ganz großen Teams in den USA oder Kanada sei Saxbergs Geld zu knapp, heißt es, aber abseits davon böten sich doch Chancen für „alternative Investitionen“. Der Grundgedanke dabei ist, dass Anteile von Internet-Großhändlern wie Amazon eine sichere Bank sein mögen, jedoch auch nicht sonderlich spannend. Zudem oft teuer.

Unterhalb oder jenseits dieser ersten und auch zweiten Riege von Investmentmöglichkeiten stünden dann aber auch solche für Investoren mit etwas weniger Geld, vermögende Einzelpersonen, Family Offices, also Verwaltungsgesellschaften für private Vermögen. So etwas in der Art. Und für diese Zielgruppe könne es spannend sein, mit etwas Risiko, dafür aber auch mit etwas Spaß in ein Projekt, Produkt oder eben Klub zu investieren.

Auftritt Preußen Münster!

Auftritt Preußen Münster! Ein Klub, der auf eine durchaus spannende Geschichte zurückblicken kann, der auf eine treue und wachsende Fanbasis bauen kann, der sich von einem Tiefschlag erholt hat und nun wie ein Phönix … nun ja, man kann sich die US-amerikanische Begeisterung für so eine Erfolgsgeschichte durchaus vorstellen, auch ohne große Fantasie.

Ein Teil so einer Geschichte zu sein, ein Investment zu tätigen, das nicht anonym ist, sondern mit hoher Emotionalität daherkommt und dann noch in einem Bereich, der hohe Exklusivität verspricht? Sport? Fußball im Besonderen? Hat nicht gerade exakt so eine Geschichte sogar Einzug beim Streaming-Dienst Netflix Disney+ gefunden? Ryan Reynolds, Rob McElhenney und der AFC Wrexham?

Es geht bei dieser Form von Investment nicht um schnelle Gewinne, sondern auch um den weichen Faktor Spaß, das Gefühl, ein Teil einer Entwicklung zu sein. Ein Investment, das man nicht einzig über Anteilswerte verfolgt, sondern in der Tabelle einer Liga und auf dem Spielfeld.

Also: Warum denn nicht?

Wie es begann

Interessant ist, wie die Geschichte vom deutschen Viertligisten und Traditionsklub aus Münster rüber in die USA schwappte. Und offenbar ist diese Geschichte eine voller Zufälle, wie das manchmal eben so ist. Der „Ölmann“ Saxberg war mitnichten der Einstieg. Das war Nikolaus „Nick“ Semaca. Der war mal Unternehmensberater bei McKinsey, vor allem aber hat er Vorfahren in Deutschland, im Raum Soest, wo sein Cousin lebt.

Jener Cousin ist Ulrich Linnebank, Anwalt und einer aus der Riege der Alumni der Uni Münster. Er brachte Semaca im August 2022 mit dem SCP in Verbindung. Mit einem kleineren Betrag hatte sich Semaca am SCP beteiligen wollen, erinnert sich Preußen-Geschäftsführer Dr. Markus Sass. „Er hat sich hier vor Ort alles in Ruhe angesehen, auch ich habe lang mit ihm gesprochen.“ Einen „Mentor“ nennt Sass den US-Amerikaner heute, auch weil Semaca mit seiner unternehmerischen Vergangenheit bei manchen strategischen Überlegungen der Preußen Rat wusste. Und mit 100.000 Anteilen wurde Semaca dann Anteilseiger am SC Preußen Münster. Das war im Oktober 2023.

Bis Ende 2023 stockte Semaca seine Anteile sogar mehrfach auf, kommt ausweislich der Zeichnungsscheine auf rund 630.000 Aktien im Wert von heute fast 1,16 Millionen Euro.

Semaca investierte nicht nur selbst. Er knüpfte auch in den USA Kontakte, nutzte sein KcKinsey-Netzwerk und unterstützte den SCP dabei, den US-Markt näher ins Visier zu nehmen. Ja, die Preußen auf dem US-Markt. „Eine günstige Gelegenheit“, sagt Sass und muss selbst darüber schmunzeln. Längst hatte der SCP weiteren Besuch aus den USA, sogar über mehrere Tage hinweg. Man sei „baff“ gewesen über die Stadt, deren europäisches Flair so ganz anders wirke als US-amerikanische Hochhaus-Städte. „Sie haben den Besuch hier wirklich genossen, das war so etwas wie eine emotionale Rendite“, umschreibt der Preußen-Geschäftsführer das Gefühl.

Wenig Einfluss, viel Emotion

Flair, Erfolgsgeschichten, Sport: Was auch immer der jeweilige Hintergedanke ist – Einfluss haben sich die Geldgeber sämtlich nicht erkauft. Bewusst hatte sich der SC Preußen – nach Beschluss seiner Mitglieder – im Zuge der Ausgliederung eine eher „investorenfeindliche“ Satzung verpasst. Im Kern ist darin festgelegt, dass die wichtigen Gremien stets mehrheitlich von solchen Personen besetzt bleiben müssen, die von den Vereinsmitgliedern auch in ihre Ämter gewählt wurden. Oder von solchen gewählten Personen berufen wurden, beispielsweise der Präsident. Zusammen mit der in Deutschland ohnehin geltenden 50+1-Regel ergibt sich also die Situation, dass Geldgeber eine mehr oder weniger substanzlose Aktionärsversammlung besuchen können, aber keine echte Mitsprache haben. Schon gar nicht möglich ist eine Mehrheitsbeteiligung. Als Anlageobjekt scheint der SC Preußen dagegen allemal interessant zu sein, insbesondere nun in der 2. Bundesliga und mit dem neuen Stadion in Aussicht.

Zurück zum Text in der „Financial Post“. Charmant ist, wie die Fernsicht auf den SC Preußen ausfällt. Es heißt darin beispielsweise, dass es die Fans vorzögen zu stehen. Ganz so, als sei das eine gänzlich freie Entscheidung und läge nicht an den Rahmenbedingungen der Antikarena an der Hammer Straße, die eben einfach nicht mehr als 2.900 Sitzplätze hergibt. Geschenkt.

Etwas anderes ist mittlerweile faktisch überholt. Im Text ist die Rede von „16 Investoren“, die nun „30 Prozent“ an der KGaA hielten. Tatsächlich ist es eher ein knappes Dutzend, deren Anteile an der KGaA sich auf eher 20 Prozent belaufen.

So oder so ist die Liste mittlerweile ziemlich bunt. Dr. Jan Lehmann ist beispielsweise einer der Geldgeber. Bis 2022 war er Vorstand beim Bundesligisten 1. FSV Mainz 05. Viele weitere Investments kamen zudem über persönliche Kontakte und das intensivierte Netzwerk des SCP zusammen.

Und seit Sommer ist ja bekanntlich auch der Förder-Club Preußen Münster dabei: Das kollektive Investments zahlreicher einzelner Fans ergab am Ende 19.060 Anteile.

Gekommen, um zu bleiben

Im Grunde ist allen Investoren vor allem eines gemein: Sie sind gekommen, um zu bleiben. Das kleine Problemchen mit einem Sport-Invest wie beim SCP ist ja, dass die Anteile nicht an einer Börse gehandelt werden. Kaufen und verkaufen geht also erstens nicht so fix und zweitens bräuchte es für einen solchen Deal zuallererst jemanden, der solche Anteile übernehmen will. Und das wäre aktuell – so ein bisschen Fluch und Segen – eigentlich ein ungünstiger Zeitpunkt. Denn der Anteilswert am SCP ist deutlich gestiegen – von einst 1,10 Euro pro Anteil auf längst mindestens 1,75 Euro pro Anteil. Eine gute Anlage ist der SCP derzeit allemal. Für Sportfans, für Amerikaner, für die lokale Wirtschaft und alle anderen.

Auch so eine Geschichte, die der Fußball in Münster zum ersten Mal überhaupt erlebt in fast 120 Jahren Vereinsgeschichte.

Podcast

In der jüngsten Ausgabe von Puls 1906 spricht Preußens Geschäftsführer Markus Sass bereits über das Thema Investments. Hier reinhören …

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