Im Herzen von Fußballdeutschland

Nein, das ist kein normales Spiel. Sportlich, gut, mag das Spieltag 16 von 34 sein. Hertha BSC gegen Preußen Münster, ein Wiedersehen nach gerade einmal drei Jahren. Aber wie viel mehr steckt dahinter! Der SCP läuft am Freitagabend im Fußballtempel Deutschlands ein, im Sehnsuchtsort vieler Fans. Nicht, weil das Olympiastadion so ein unbedingter Stimmungsort ist, da gibt es nun wahrlich andere Stadien. Aber mit der langen Geschichte dieses Ortes verbinden viele Menschen eben viel mehr als nur ein Fußballspiel.

Es ist der Ort von Endspielen, Weltmeisterschaften, Europameisterschaften, Champions-League-Finalen. Es war der Ort der von Nazis verseuchten Olympischen Spiele 1936. Der Finalort im DFB-Pokal. Es ist ein Fels, wahrhaftig, in der Hauptstadt – und sicher kein Stadion wie das Jahnstadion an der Rietberger Straße in Wiedenbrück. Oder das Stadion an der Römerstraße in Straelen.

Dass der SC Preußen Münster in absehbarer Zeit einmal in einem Punktspiel bei der Hertha aufläuft, das war noch vor zwei Jahren völlig unvorstellbar. Das war noch vor einem Jahr unvorstellbar. Am Freitag sind fast 5.000 Preußenfans in Berlin.

Das bis heute letzte Duell war eines zwischen David und Goliath, das war im Oktober 2021 beim Zweitrundenspiel im DFB-Pokal. Hertha gewann als Bundesligist am Ende ziemlich locker mit 3:1 im Preußenstadion. Aus dieser damaligen Regionalligamannschaft aus Münster sind nur noch zwei Spieler aktiv. Thorben Deters traf damals zum zwischenzeitlichen 1:1, Simon Scherder stand im Kader, spielte aber nicht. So schnell kann es gehen im Fußball – gerade einmal drei Jahre später stehen sich die Berliner und Münster in einer gemeinsamen Liga gegenüber. Auf Seiten der Berliner ist es Abwehrmann Deyovaisio Zeefuik, der damals wie heute für die Hertha spielt (nach zwischenzeitlichen Leihen nach Blackburn und Hellas Verona).

Spielstatistik
Zehn Spiele stehen in der Bilanz – und sie bilden die ganze schillernde Geschichte des Fußballs wieder. 1963/1964 standen sich Hertha und Münster in der neuen Bundesliga gegenüber (0:2 und 4:2), dann gab es zwei Partien in der 2. Bundesliga Nord in der Saison 1980/1981 (1:0 für Münster und 0:6 in Berlin). Nach dem gemeinsamen Absturz in die Drittklassigkeit, damals die Oberliga, kämpften beide Klubs 1987/1988 in der Aufstiegsrunde um die Rückkehr in die 2. Liga. Hertha gewann beide Partien und stieg auf, Münster musste noch ein Jahr dranhängen. Dann gab es ein Wiedersehen in der 2. Bundesliga 1989/1990. Münster verlor auch hier beide Spiele. Und im DFB-Pokal gab es auch zwei Spiele: 2009 und 2021 – beide Spiele gingen an Hertha, einmal immerhin erst nach Verlängerung…

Doch auch wenn diese Partie am Freitag, dem 13., in „emotionaler“ Hinsicht herausragt, geht es doch auch im Sport. Tatsächlich war ein Spiel in Berlin 1989 das erste Zweitliga-Spiel nach der Rückkehr. Die Preußen verloren das damals vor gerade einmal 10.000 Zuschauern sang- und klanglos mit 0:2. Die „Westfälischen Nachrichten“ schrieben damals: „Münster in Berlin wie das Kaninchen vor der Schlange“.

So etwas sollte sich am Freitag nicht wiederholen, längst sind die ersten 15 Spiele gespielt, der SCP weiß, wie die Liga tickt. Auf dem Papier dürfte es wenig zu holen geben, Hertha ist trotz aller Probleme besser besetzt und seit Jahrzehnten ein etablierter Profiklub. Münster lernt noch, wieder einer zu sein. Alles andere als eine Niederlage wäre eine Überraschung – aber genau hier liegt die Chance. Darmstadt und Karlsruhe sind Beispiele. Münsters wehrhafte Defensive wird am Freitagabend gefragt sein. Und die leise Hoffnung auf einen guten Stich, einen guten Umschaltmoment, einen starken Standard, schwingt mit.

Es wäre so wichtig. Denn im Tabellenkeller wachsen nun langsam die Abstände, kurzfristig ist nur Platz 15 erreichbar – aber der würde ja reichen.

15. Spieltag
	Mannschaft	Sp.	Tore	Diff.	Punkte
1	SC Paderborn 07	15	27:21	6	27
2	1. FC Kaiserslautern	15	29:21	8	26
3	Hannover 96	15	22:16	6	26
4	SV 07 Elversberg	15	27:18	9	25
5	Fortuna Düsseldorf	15	25:17	8	25
6	1. FC Köln	15	28:22	6	25
7	Hamburger SV	15	33:22	11	24
8	1. FC Magdeburg	15	24:21	3	24
9	Karlsruher SC	15	28:28	0	23
10	SV Darmstadt 98	15	30:26	4	21
11	Hertha BSC	15	26:25	1	21
12	1. FC Nürnberg	15	29:27	2	19
13	SpVgg Greuther Fürth	15	23:28	-5	17
14	FC Schalke 04	15	27:31	-4	16
15	Eintracht Braunschweig	15	16:32	-16	13
16	SSV Ulm 1846	15	15:19	-4	12
17	SC Preußen Münster	15	16:22	-6	12
18	SSV Jahn Regensburg	15	5:34	-29	8