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Die Hinrunde 2024/2025: Erfreuliches und Enttäuschendes

Die Hinrunde 2024/2025: Erfreuliches und Enttäuschendes
Trainingsauftakt 2025: Niko Koulis.

Das neue Jahr 2025 hat begonnen. Seit Freitag steckt der SC Preußen Münster wieder im Training, die Rückrunde beginnt für die Adler am 18. Januar gegen Fürth. 17 Spieltage in der 2. Bundesliga sind absolviert, der SCP überwintert auf dem Nichtabstiegsplatz 15. Der Klassenerhalt bleibt eine knappe Sache, das war von Beginn an klar. Und alles andere? Was war gut in der Hinrunde? Und was war nicht gut? Hier ein paar Gedanken.

Ein Fazit der Hinrunde zu ziehen, ist nicht ganz einfach. Die wichtigste Erkenntnis dürfte sein, dass der Klassenerhalt denkbar ist. Abgeschlagen sind die Preußen in dieser Spielklasse nicht, Platz 15 zeigt das für den Augenblick auch nachweisbar an. Die Kehrseite dieser erfreulichen Nachricht ist, dass die Preußen zugleich unglaublich viel Arbeit in jeden einzelnen Punkt stecken müssen. Ein Phänomen, mit dem der SCP nicht alleine ist und das zuletzt auch der „Kicker“ beschrieb: „Historisch schlecht“ sei die Ausbeute der drei Aufsteiger in diesem Jahr. „Erst einmal in der bisherigen Geschichte standen die Aufsteiger aus der 3. Liga (oder zuvor Oberligen bzw. Regionalligen) zur Halbzeitpause einer Saison punktemäßig schlechter da“, heißt es dort.

Tatsächlich: Regensburg, Ulm und Münster stecken ganz tief im Tabellenkeller. Sie laufen auch der Musik schon etwas hinterher. Münster hat vier Zähler Rückstand auf Platz 14, für Ulm sind es schon sechs. Regensburg kommt nach einem Sieg vor Weihnachten auf immerhin elf Punkte. In allen Fällen ist das Mittelfeld schon ziemlich weit entrückt. Und es scheint zumindest aktuell schwer vorstellbar, dass Klubs wie Fürth, Schalke, Nürnberg oder Hertha in der Rückrunde ernsthaft in Abstiegsgefahr geraten werden.

Vielleicht „leiden“ alle drei Aufsteiger, ganz sicher aber Ulm und Münster, unter ihrer unerwarteten Entwicklung. Regensburg ist in dieser Liste vielleicht ein Ausreißer – als Zweitliga-Absteiger schaffte der Jahn zwar den sofortigen Wiederaufstieg und wusste genau, was ihn erwarten würde, aber irgendwie war dabei nicht Zeit genug, die Mannschaft wirklich stabil aufzustellen. Für Ulm und Münster gilt: Es war insgesamt wenig Zeit zum Luftholen zwischen Regionalliga und 2. Bundesliga. Beim SCP ist das noch immer an allen Ecken und Enden zu spüren. Es knirscht im Gebälk, personell kann der Klub die Aufgaben kaum stemmen, weil er noch Strukturen aufbauen muss, die etablierte Profiklubs über Jahre entwickeln konnten. Verstärkungen im Medienteam, auf der Geschäftsstelle oder im Bereich Fanshop/Merchandise sind Beispiele dafür. Auch im Bereich Ticketing zahlte der SCP Lehrgeld, viele Pannen im Vorverkauf sorgten für Frust bei Fans und Freunden des Klubs.

Platzmangel überall

Überhaupt ist das Thema Tickets eines der Ärgernisse – aber zugleich eines, für das der SCP im Kern noch am wenigsten kann. Das veraltete Stadion in Münster, über Jahrzehnte nur im Zuge von Flickschusterei in Schuss gehalten, offenbart vor allem in der 2. Bundesliga seine grotesken Wettbewerbsnachteile. Ein Glück, dass 2008/2009 immerhin die neue Haupttribüne entstanden war, denn ohne sie gäbe es den heutigen SCP so nicht. Doch die vielen unüberdachten Stehränge, die zugige und zu allen Seiten offene Tribüne, der notdürftige Wetterschutz auf der Gegengerade – das sind alles Standortnachteile, die der SCP spürt. Erst Ende 2027 sollen sie behoben sein, bis dahin heißt es „durchhalten“.

Dass Tickets in der 2. Bundesliga angesichts des baufälligen Stadions ein rares Gut sein würden, war klar, sorgte aber dennoch für Enttäuschungen. Die wenigen Tickets, der SCP für jede Partie für einen mehr oder weniger offenen Verkauf bereit hält (in Ausnahmefällen nur für Mitglieder), sind in der Regel in Minuten vergriffen. Frust an der Eventim-Hotline? Tagesgeschäft. Ein Spiel der Preußen live zu sehen? Das ist im Grunde nur für jene sicher, die schon zuvor eine Dauerkarte besaßen. Und es wird noch viel schlimmer, das ist klar: Denn sobald die Gegengerade und/oder ein Teil der Ostkurve abgerissen wird, werden noch mehr Plätze fehlen – vorsichtig hatte Preußen-Geschäftsführer die Fans zuletzt immer wieder auf Unannehmlichkeiten vorbereitet. Vielleicht werden temporär nur zwischen 9.000 und 10.000 Plätze zur Verfügung stehen. Das ist aktuell noch kein Thema, bietet allerdings eine unerfreuliche Aussicht.

Je nach Blickwinkel ließe sich argumentieren: Wann waren Preußentickets zuletzt derart begehrt? Mit einem Zuschauerschnitt jenseits der 12.000 ist der SCP so attraktiv wie lange nicht. Vielleicht sollte man sich daran erinnern, dass in den Neunzigerjahren teilweise nur etwas mehr als 2.000 Fans die Preußenspiele besuchten. 850 Fans sahen im Frühjahr 1998 ein 3:0 gegen den FSV Salmrohr. Das war sehr real, früher war viel Luft auf den Rängen …

Auffrischung erforderlich? Hier:

Frühjahr 2005: Vor 2.250 Zuschauern spielt der SCP gegen den VfL Wolfsburg II.
2.300 Zuschauer sehen Ende 2004 ein 0:0 zwischen Preußen Münster und Union Berlin.

Repräsentativ in der Stadt

Erfreulich war dies: Der SC Preußen Münster ist im Stadtbild seit Dezember 2024 noch präsenter als je zuvor. Schon der Shop in den Münster Arkaden war 2017 ein großer Schritt. Mit der Eröffnung des neuen Fanshops an der Klemensstraße allerdings rückten die Preußen noch sichtbarer in die Stadt. Der neue Shop entpuppte sich im Weihnachtsgeschäft als Magnet – und wirkte angesichts des Andrangs teilweise selbst schon wieder zu eng bemessen.

Sportliches Auf und Ab

Natürlich bewegte der Sport selbst am meisten. „Lehrgeld“ war ein viel strapazierter Begriff in den ersten Wochen und Monaten. Phasenweise kassierte der SCP Gegentore am Stück – das wiederum veränderte sich mit der neuen defensiven Grundstruktur, die Sasche Hildmann und Louis Cordes dem Team verpassten. Die wiederum ergab ein ganz anderes Problem: Tore, vor allem Stürmertore, sind kaum noch zu verzeichnen. Seit dem 8. Spieltag erzielte der SCP nur noch in Berlin mehr als ein Tor – und dann waren dafür auch keine Stürmer verantwortlich, sondern andere Spieler. In drei der jüngsten fünf Partien traf der SCP gar. Und zugleich rauschte auch die Chancenzahl dramatisch in den Keller. Mit dem defensiveren Auftritt gehen dem SCP zunehmend auch die offensiven Vorstöße flöten. Den Ball einfach mal gut vor die Box bringen? Das klappt nur selten.

Die Siege gegen Düsseldorf und in Berlin sind die Höhepunkte, weil sie auch unerwartet kamen. Die Niederlage gegen ein völlig verunsichertes Schalke war ein Tiefschlag, weil der SCP den Gegner eigentlich völlig im Griff hatte. Auch die Niederlage gegen Magdeburg – obschon völlig verdient – musste in der Entstehung nicht sein. Zwei wirklich zu leicht kassierte Gegentore verhinderten wenigstens einen Punktgewinn.

Es war manchmal mehr drin, aber genau dieses „mehr drin“ ist auch ein bisschen Symbol für den Qualitätsunterschied zwischen 3. und 2. Bundesliga. Was in der 3. Liga genügte, reicht hier nicht mehr. Effizienz, Abgezocktheit und manchmal auch schlicht individuell höhere Qualität sind der Unterschied zwischen Punkt(en) und Niederlage.

Wenn man so will, ist es ein Vorteil, dass der SCP nun alle Gegner einmal gesehen hat. Zur Rückrunde dürften die Preußen wissen, was sie erwartet. Und gleich der Start gegen Fürth ist (wie Ulm) eines dieser Spiele, in die der SCP jetzt nicht automatisch als Underdog hinein gehen müsste.

Fragezeichen Nemeth

Personell gibt es natürlich Rückschläge. Die Verletzungen von Mrowca und Batmaz haben dem SCP erheblich geschadet. Beide waren so nicht zu ersetzen und vor allem Batmaz mit seiner Beweglichkeit hatte bereits in Fürth und gegen Hannover angedeutet, dass er auch in der 2. Bundesliga eine Hilfe sein würde.

Andras Nemeth, als Leihspieler aus Hamburg geholt, bleibt ein großes Fragezeichen. Als Offensivspieler enttäuscht er mit seiner Bilanz – auch wenn Sascha Hildmann ihn immer wieder als ballsicheren Zielspieler bezeichnet. Ein Tor würde dem Hamburger sicherlich mal helfen, doch seine bisherige Chancenverwertung sorgte bisher nicht für übergroßen Optimismus.

Münsters Außenbahnspieler Makridis und Amenyido fügten sich bisher gut ein, zeigten aber nur bedingt Konstanz. Als Torjäger waren beide zuvor ohnehin nicht bekannt. Und auch Joel Grodowski bringt sein Tempo in der 2. Bundesliga kaum gewinnbringend ein. Sein Antritt im ersten Ligaspiel in Fürth, der das zwischenzeitliche 1:1 ermöglichte, war ein Hoffnungsschimmer. Doch je länger die Saison dauerte, desto weniger setzte sich Grodowski durch. Die Folge: Sein Stammplatz ist vorerst futsch.

Erfreulich dagegen, wie zum einen Lukas Frenkert den Sprung in die 2. Bundesliga geschafft hat. Aber auch Niko Koulis arbeitete sich aus einem kleinen Formtief Anfang der Saison heraus und ist längst wieder unverzichtbar. Auch Torge Paetow hat die Phase überstanden, in denen der SCP reihenweise Gegentore kassierte. In Berlin rückte er nach Wochen wieder in die Startelf, erzielte das Siegtor und war zuletzt gegen Ulm auch wieder in Topform.

Im defensiven Mittelfeld wartet der SCP derweil darauf, dass Luca Bazzoli wieder zu alter Form zurückfindet. Nach seiner längeren Verletzungspause ist der 24-Jährige noch von seinem früheren Niveau entfernt.

Alles in allem erwartbare Anpassungsschwierigkeiten und Niveauunterschiede. Dass der SCP als Team funktioniert, hilft bei der Aufgabe Klassenerhalt in jedem Fall.

Zuschauer-Plus

Und noch ein Pfund besitzt der SCP. Das Zuschauer-Plus ergibt sich nicht nur aus einer messbaren Zahl von Fans auf den Rängen. Es ist vor allem die Stimmung, die dort entsteht – und viel Geduld mit dem Team. Pfiffe oder Stress gibt es in Münster nicht, auch nicht nach schwachen Auftritten wie gegen Magdeburg. Wie erhofft ist das Publikum belastbarer, als manche das vor der Saison vermuten wollten. Allen ist bewusst, wie der SCP in die 2. Bundesliga geraten ist und auch wenn jetzt das Hier und Heute zählt, der Klassenerhalt ein wichtiges Ziel ist: Klubführung, Trainer, Team und Fans halten zusammen. Das kann auch in der Rückrunde noch ein ganz wichtiger Faktor sein.

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