„Simon Scherder Fußballgott!“

Es gibt in Fußballklubs Spieler und es gibt Spieler. Simon Scherder ist von der Sorte, für die auf den Rängen immer etwas mehr Herz, mehr Emotion gefühlt wird. Er ist eben auch Vereinsinventar, seit mittlerweile fast 20 Jahren (!) im Trikot der Adler. Preußen Münster ohne Scherder? Das kennen ganze Generationen neuer Fans gar nicht. Und vielleicht erklärt sich vor diesem Hintergrund, warum Scherder schon beim Verlesen der Mannschaftsvorstellung mit „Simon Scherder Fußballgott“ begrüßt wurde.
So viele von diesen Göttern gab es in der Vergangenheit nicht. Einer der letzten war Mehmet Kara, der insgesamt über neun Jahre lang für den SCP spielte. Scherders Geschichte ist aber noch etwas anders, weil sie von so viel Drama begleitet ist. Eine endlos lange Verletzungspause, Stehauf-Qualitäten, aber immer im Preußen-Trikot. Preußen Münster war immer für Scherder da. Und Scherder für den SCP.
Ganz lange musste er auf seinen ersten Zweitliga-Einsatz warten. Er tat das ohne Theater. Dann war es soweit:
Gegen Fürth stand er erstmals in der Startelf, auch in Hannover. In Kaiserslautern holte ihn Sascha Hildmann früh vom Feld, weil er ebenfalls früh Gelb sah und dann auch ermahnt wurde. Zu heikel. Zwei Spiele war er wieder außen vor. Am Samstag brachte die Personallage ihn zurück in die Startelf – und was für ein Tag das war!
Am Ende stand er in den Katakomben des Preußenstadions, mit aufgeschlagener Lippe und blutig-dreckigem Trikot. „Müssen wir noch tackern, Conny?“, rief er dem Mannschaftsarzt zu. Das war wieder so ein Scherder-Moment. Es gibt einige solcher Bilder: Scherder mit Turban. Scherder mit Schrammen, irgendwas ist immer. Es ist das Los des Innenverteidigers, dass es nicht zimperlich zugeht.
Angesprochen auf die Schmerzen, winkte Scherder am Samstag sofort ab. „Mein Gegenspieler hat gebremst, ich konnte nicht so schnell bremsen, habe direkt gemerkt, dass die Lippe auf ist. Die Wunde nehme ich mit, ist doch scheißegal“, meinte er breit grinsend. In jeden Zweikampf warf er sich rein. Und dann traf er ja noch selbst. Sein erstes Zweitliga-Tor. „Tore in der vierten und dritten Liga hatte ich ja schon.“ Jetzt die Premiere in Liga 2. Marc Lorenz auf Simon Scherder. „Das sind natürlich Geschichten, die du dann erzählen kannst“, meinte er. Das war Aufstiegspower, dafür flogen dem Preußenteam zwischen 2022 und 2024 die Herzen zu.
23. Spieltag: Preußen Münster - SSV Jahn Regensburg 2:0. Andreas Patz.
Scherder bastelte damit auch kräftig am eigenen Legendenstatus. Dass er nach der Partie auf den Zaun musste, dürfte niemanden überrascht haben. „Ich habe das schon gemerkt, dass die Reaktion anders war“, gab Scherder zu. „Das erste Tor ist dann eben auch etwas Besonderes.“ Was für ein Jubel war das nach dem 2:0! Der Jubel vor dem A-Block und der Fiffi-Gerritzen-Kurve! Momente, die in Erinnerung bleiben.
Dass er zur Stelle ist, wenn er gebraucht wird, ist Teil dieser Scherder-Geschichte. „Ich versuche mich immer genau vorzubereiten. Aber wenn du wochenlang nicht spielst, fehlt der Rhythmus, dann weißt du selbst nicht genau, wie du reinkommst“, gab er einen Einblick in seine Gemütsverfassung. Dabei musste er diesmal nicht lange warten, ehe seine nächste Chance kam. „Deshalb habe ich mir diesmal auch nicht so viele Gedanken gemacht.“
Ganz am Rande: Mit Scherder auf dem Platz verlor der SCP kein einziges Spiel – das hatte sich Preußens Nummer 15 gut gemerkt. In Kaiserslautern stand es 0:0, als er vom Feld musste. Faktisch liegt der 31-Jährige also richtig. Journalisten wollten von ihm wissen, ob er es dem Trainer nun schwer gemacht habe. „Das ist wohl so“, meinte er. Trainer Sascha Hildmann sah das später ganz anders: „Im Gegenteil, er hat es mir leicht gemacht.“ Gemeint war: Spieler, die auf den Punkt da sind, helfen dem Team und damit auch dem Trainer. Eine Platzgarantie für die Partie auf Schalke war damit nicht verbunden. Vieles hängt eben doch davon ab, wer einsatzbereit ist. Dennoch: „Ich will spielen“, lautete seine knappe Antwort auf die Frage, was seine Hoffnung für Schalke ist. Gut, jede andere Antwort wäre vermutlich unsagbar gewesen.
„Auf Schalke sind wir dann Außenseiter. Man muss sich nur mal ansehen, welche Ansprüche der Klub dort hat. Aber wir haben auch viele Spiele eng gehalten. Vielleicht haben wir die Chance, wieder so ein Spiel wie in Berlin zu machen. Wir fahren da in keinem Fall hin, um uns nur das Stadion anzuschauen“, blickte er dann voraus.
Scherders Nahpläne für die Woche vor Schalke enthalten möglicherweise Spuren von Karneval. Der ZiBoMo im Wolbeck wartet, Zeugwart Helge habe schon eine Anfrage platziert, meinte Scherder mit einem Augenzwinkern. Eine kurze Pause zum Durchatmen wäre verdient. Für Scherder und für alle anderen.

Mal wieder ein sehr, sehr guter Artikel. Und ja, ich habe mich gestern auch mehr als sonst gefreut. Simon Scherder steht wie kaum ein anderer Spieler für Preußen Münster. Und deshalb, einfach mal ein ganz herzliches Danke Simon!
Klasse Kerl !!! hängt sich immer voll rein. etwas was vielen Spielern und jungen Menschen heute ab geht. frag Scherder mal was „work live balance“ heisst…