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Die Grünen und das Preußenstadion: Interview mit Fraktionssprecher Christoph Kattentidt

Im Februar steht die Beschlussvorlage für den Umbau des Preußenstadions wieder auf der Tagesordnung des Rats. In den vergangenen Tagen wurde viel darüber diskutiert, insbesondere über die Rolle, die die starke Fraktion der Grünen dabei spielt. Im Interview nimmt Fraktionschef Christoph Kattentidt Stellung zu den Vorstellungen und Wünschen der Grünen.

Artikelfoto: Das Preußenstadion mit seiner vergleichsweise neuen Haupttribüne im Sommer 2020.

Im Dezember klappte es nicht mit dem Beschluss der Ratsvorlage, auch im Januar wurde er verschoben, jetzt im Februar soll der Rat endlich über den Fortgang des Stadionprojekts beschließen. Klappt das?

Das kann ich nicht endgültig beantworten. Die Vorlage geht in eine gute Richtung, in jedem Fall. Es gibt aber immer noch Themen wie z.B. das Verkehrskonzept, bei dem wir schauen müssen, ob das verträglich ist mit unserem angestrebten Koalitionsvertrag. 

Welche offenen Themen oder Fragen gibt es denn rund um das Projekt noch?

Wir wollen außerdem einen Wirtschaftsplan haben, in dem steht, welche (Pacht-)Zahlungen der SC Preußen Münster leisten kann. Das wird in der Regionalliga und auch der 3. Liga eher gegen Null gehen, darüber hinaus muss man sehen. Und wir brauchen ein integriertes Verkehrskonzept. Wenn wir eine autofreie Innenstadt wollen, müssen wir das mitdenken. Im Stadion gibt es vielleicht 20 Heimspiele in der Saison. Müssen wir als erstes ein Parkhaus bauen? Es ist klar, dass es kein Stadion ohne Parkplätze gibt, da greifen gesetzliche Vorgaben. Aber wir können den Behörden auch erklären, wie man Verkehr anders löst – vom Shuttlebus über Fahrräder oder Bahn. Wir wollen den Bebauungsplan jetzt nicht mehr verändern, aber wir wollen schon sehen, wie das Thema Mobilität auch mit Blick auf die Stadt gestaltet wird. 

Zuletzt möchten den Verein auch auffordern, sein Sport-Angebot auch für Mädchen und Frauen auszuweiten. 

Christoph Kattentidt. Foto: ©KK21-PaulMetzdorf

Christoph Kattentidt gehört dem Rat der Stadt Münster seit 2012 an. Gemeinsam mit Sylvia Rietenberg bildet er im neuen Rat die Doppelspitze der Fraktion.

Aber das ist doch eine Entscheidung des Vereins selbst.

Richtig, das können wir nicht vorgeben, nur fordern. Es ist aber so: Der Verein möchte gerne von gesellschaftlichem Kapital profitieren, das ist auch legitim. Wir wünschen uns im Gegenzug, dass der Verein sich auch anders aufstellt. Das kann bei einer Ausweitung des Sportangebots durchaus auch mit Kooperationen gelöst werden.  Der Verein muss moderner werden, um auch einen größeren Zuspruch zu erhalten. Unter anderem mit dem Leitbildprozess hat er diesen Weg begonnen. 

Da klingt durch, dass der SCP sich nicht immer blendend in der Stadt präsentiert hat. 

Als Stadt haben wir das Stadion in den vergangenen 30, 40 Jahren an vielen Stellen verlottern lassen wie kaum ein anderes städtisches Gebäude. Das hatte sicher auch oft mit der Leistung des Vereins und damit dem Stellenwert des Klubs in der Stadt zu tun.

In der Vergangenheit gehörten die Begriffe „Grüne“ und „Stadion“ nicht gerade zu den selbstverständlichsten Kombinationen. Verstehen Sie das?

Wir müssen uns da nicht mehr rechtfertigen. Wir haben Inhalte, für die wir stehen. Mit denen haben wir eine Wahl erfolgreich bestritten. Jetzt tun wir, was Kritiker von Parteien ja gerade erwarten: Wir versuchen unser Programm auch umzusetzen. Und seit 2016 sind wir auf dem Weg, das Problem Stadion zu lösen. Wir haben den Standort Hammer Straße gemeinsam mit der CDU überhaupt erst so weit gebracht, dass wir heute den Umbau angehen können. Den Handlungsbedarf haben wir nie bestritten. Niemandem bei uns ist die Zukunft des Stadions und des Standorts egal. Als Grüne haben wir uns sicher noch mal ein Stück weiter bewegt und für uns einen guten Weg gefunden. 

Tatsächlich kann man wohl vermuten, dass viele WählerInnen der Grünen nicht vorrangig an einem Stadion interessiert sind. Dennoch müssen Sie als zweitstärkste Kraft jetzt auch für all jene mitplanen, die nicht grün wählen. 

Natürlich. Wenn wir eine Gesamtverantwortung für die Stadt annehmen, dann auch für diese Baustelle. Ein Stadion gehört zu einer Stadt, das haben wir zur Kenntnis genommen.

Der Weg sieht 40 Millionen Euro für das Stadion vor und damit soll es dann erledigt sein. 

Wir haben gesagt: Wir wollen diese 40 Millionen Euro nehmen, dann muss geprüft werden, wie man damit eine Kapazität von 20.000 Zuschauern und Logen im Rohbau umsetzen kann. Und wenn sich im Baukostenindex Preissteigerungen ergeben, dann zahlen wir das. Das wird nicht mehr diskutiert. Zusätzlich schlagen die Grünen vor, dass zusätzliche Gelder für das Thema Mobilität in den Etat eingestellt werden. 

Und die 40 Millionen sind dann für das Stadion allein?

Ja. Und diese 40 Millionen sind auch eine Hausnummer. Die aktuelle Haupttribüne hat im Endausbau rund 10 Millionen Euro gekostet. Das ist ein Viertel der Summe, die jetzt zur Verfügung steht für die restlichen drei Tribünen. Dafür bekommt man ein bisschen mehr als nur Farbe. 

Die Zahl 40 Millionen Euro war irgendwann einfach mal geschätzt worden. Der Ratsbeschluss von 2019 nannte sie einen „Orientierungsrahmen“. Und jetzt ist aus der beliebigen Summe plötzlich eine Tatsache geworden. Reicht das?

Wir gehen davon aus, dass ein Stadion für 40 Millionen Euro machbar ist, wenn die Logen nicht ausgebaut werden von der Stadt. Da sehe ich auch keine negativen Folgen. Die Summe gibt eine gute Balance zwischen dem, was wir als Gesellschaft leisten können und was sinnvoll ist. Schon heute geben wir rund 916.000 Euro pro Jahr für den Stadionunterhalt aus. Diese Summe würde sich durch die Umbaukosten vermutlich etwa verdoppeln. Das können wir leisten.

Heißt: Der SC Preußen muss bei den Logen erst einmal selbst Geld investieren um Geld zu verdienen?

Das Problem ist nicht so groß. Wenn die grundsätzliche Infrastruktur steht, gibt es immer Möglichkeiten.

Hier einmal eine Liste mit Neu- oder Umbauten in vergleichbarer Größe aus den vergangenen Jahren. Der SC Preußen kommt derzeit auf rund 3.000 Sitzplätze. Es müssen also rund 17.000 Plätze neu errichtet werden. Dafür liegen die 40 Millionen durchaus im Bereich des Machbaren, die etwas kleineren Stadionbauten in Chemnitz, Regensburg, Ingolstadt, Halle oder Aue lagen sämtlich erheblich unter dieser Summe.

VereinStadionPlätzeUm-/NeubauKosten
Kickers OffenbachSparda-Bank-Hessen-Stadion20.5002012
Umbau
25 Mio
RW EssenStadion Essen20.6502012
Neubau
40 Mio*
RW ErfurtSteigerwaldstadion18.6002017
Umbau
43 Mio
Erzgebirge AueErzgebirgsstadion16.5002018
Umbau
20 Mio
Jahn RegensburgJahnstadion15.2002015
Umbau
53 Mio
FC IngolstadtAudi-Sportpark15.200201
Neubau
20 Mio
Hallescher FCErdgas-Sportpark15.1002011
Umbau
17 Mio
Chemnitzer FCStadion an der Gellertstraße15.0002016
Umbau
27 Mio
SC PaderbornBenteler-Arena15.0002008
Neubau
25 Mio**
* Reine Baukosten für Stadion laut Entwickler
** Paderborn: Inklusive Infrastruktur ums Stadion (Parkplätze, Zuwegung)

Obwohl der Klub immer sagte, er habe keine Investoren für die Hammer Straße?

Ist es nicht ein bisschen zu einfach, das zu sagen? Investoren werden dem Verein wohl nicht die Bude einrennen. Aber der Klub ist ja gerade dabei, sich mit mehr Kraft in der Stadt aufzustellen und ich glaube, dass sich dann in der Stadt auch Menschen finden, die das unterstützen. In Münster fehlt es nicht an Geld oder Lust. Es muss nur attraktiv sein! Und ohne dem Verein zu nahe treten zu wollen: Er war selten wirklich attraktiv in den vergangenen Jahrzehnten. Jetzt ist der SC Preußen auf einem Weg und das wird durchaus registriert. Man muss diesen Weg nur einhalten. 

Jetzt soll das Projekt doch von der städtischen Gesellschaft WBI durchgeführt werden. 

Warum sollten wir eine neue Gesellschaft dafür gründen? Das würde neues Personal bedeuten, einen neuen Overhead. Wir haben die WBI genau für solche Bautätigkeiten. Natürlich braucht es auch dort zusätzliche Experten, aber es gibt dort längst Ressourcen. Die Management-Fähigkeiten sind so, dass diese Lösung gewinnbringend wäre und einfach sinnvoll ist. 

Könnten sich Investoren denn bei so einer „innerstädtischen“ Lösung beteiligen?

Natürlich nicht an der WBI selbst, aber an dem Projekt natürlich.

Hat das irgendeinen Einfluss auf die Zeitachse?

Nein, eigentlich nicht. Eine Neugründung wäre etwas aufwendiger. Aber wie gesagt: In der WBI haben wir bereits einen Chef. Und es wäre komisch, wenn wir als Grüne es unserem Ex-OB-Kandidaten Peter Todeskino nicht zutrauen würden. 

Er bringt ja durchaus Erfahrung mit.

Richtig. In Kiel hat er den Stadionumbau begleitet. Da gab es andere Rahmenbedingungen und Voraussetzungen, aber die Herausforderungen waren doch gleich.

Was ist eigentlich aus der angedachten Kita geworden? Die steht nicht mehr in der Ratsvorlage?
Das war ja ursprünglich eine Anregung der Stadtverwaltung. Es ist aber unklar, ob das genehmigungsfähig ist, daher fehlt es jetzt. Wenn sich das baulich ergeben würde, hätten wir sicher nichts dagegen. Die Kita ist für uns aber kein Muss.

In der Vorlage steht nun die Variante mit Logen und optionalen Ecken. Was für ein Stadion würde denn entstehen, wenn es keinen Eckenausbau gibt?

Ein Stadion für 20.000 Zuschauer. Mit verkleideten Ecken, wie man es aus Stadien wie in Mainz kannte.

Die entscheidende Frage: Wann geht es los?

Vorbereitende Arbeiten gehen relativ schnell. Die Planungen müssten im Jahr 2021 abgeschlossen sein, wenn es einen optimalen Verlauf geht. Denn kann realistisch in 2022 mit der Neuschaffung der Infrastruktur begonnen werden. Vermutlich mit dem Bau der Westtribüne. Voraussetzung hierfür sind politische Beschlüsse, wir grünen sind bereit hieran konstruktiv mitzuarbeiten, so wie in den letzten Jahren auch.

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