Fans, Polizei, Pyrotechnik: Hitziger Diskussionsabend bei Preußen Münster
Lassen sich tiefsitzende Vorurteile und teilweise fundamental andere Meinungen in 120 Minuten beilegen? Der Diskussionsabend beim SC Preußen Münster zeigte: Nein. In einer teilweise hitzigen Atmosphäre prallten im Gegenteil völlig gegensätzliche Meinungen aufeinander. Immerhin: Am Ende fanden alle Beteiligten Ruhe und Sachlichkeit.
Dabei hatte Strässer schon eingangs richtig vermutet, dass hier nicht „Friede, Freude, Eierkuchen“ herrschen werde. Und das war korrekt, wie sich zeigen würde.
Zum Kern: Anlass des Abends war der jüngste Plan des SC Preußen Münster, den Fanblock O zu trennen von den übrigen Stehplatzbereichen. Nach heftigen Protesten kassierte der SCP die Idee wieder ein, sah aber eine Aussprache darüber geboten.
Und so fanden sich am Mittwochabend rund 60 interessierte Fans ein – leider unter weitgehender Abwesenheit jener Fans, die von dem Plan eigentlich betroffen gewesen wären. Die aktive Fanszene stellt sich in aller Regel nicht solchen öffentlichen Debatten.
Zunächst: Auf dem Podium stellten sich Vereinspräsident Christoph Strässer, Veranstaltungsleiter Thomas Hennemann und Geschäftsführer Bernhard Niewöhner. Und sie machten auch kein Hehl aus einer Sache: „Es ist ein großer Fehler gemacht worden“, gab Hennemann zu. „Es war eine fatale Fehleinschätzung“, so auch Niewöhner. Und der Präsident musste ernüchtert eingestehen: „Wenn man für Transparenz und Kommunikation eintritt und gleich die erste Aktion geht in die Hose…“ Damit war die Basis gelegt. Fehler eingestanden, Fehler für die Zukunft auch verhindert? Daran gab es im weiteren Verlauf dann wohl einige Zweifel, wenn man die Wortmeldungen richtig deutete.
Ein grundlegendes Problem bleibt wohl auch künftig bestehen – auch wenn es einen neuen Anlauf gibt. Thomas Hennemann sagte zu, selbst erneut ein Gesprächsangebot in Richtung aktiver Fanszene zu machen, tatsächlich auch im Stadion den Weg in die Kurve zu nehmen. Gemeinsam mit dem Präsidenten versprach er auch einen Besuch beim Container des Fanprojekts. Das ist das konkrete Ergebnis des Abends und im Rahmen der Diskussion auch das bestmögliche Fazit.
Vorher hatte sich das Trio vorn viel, teilweise auch emotionale Kritik anhören dürfen. Dabei verpuffte der Versuch ein bisschen, erneut die rechtlichen Rahmenbedingungen angesichts der deutschlandweit anders laufenden Diskussionen zu erklären. Es ist nach wie vor schwer vermittelbar, dass in Hamburg Pyrotechnik in kontrollierter Umgebung erlaubt wird oder dass Blocksperren in anderen Stadien trotz vielfach häufiger Pyrotechnik ausbleiben. Das Stichwort „Verhältnismäßigkeit“ kam auf. In Münster scheint der Griff zur Maximalmaßnahme eher gewählt zu werden als andernorts. Diesen Vorwurf klärte das Trio vorne nicht zur Zufriedenheit aller.
Deutlich merkte beispielsweise Thomas Hennemann an, dass die Umstände und geltendes Recht den Veranstalter faktisch in die Pflicht nähmen, den Block O zu sperren. Im Sicherheitskonzept ist er schlichtweg nicht mehr als Fanblock vorgesehen und die von ihm ausgehende Gefahr sei aus Sicht der beteiligten Parteien einfach zu groß. Das ist grundsätzlich als Präventivmaßnahme des Veranstalters zu sehen und nicht als Konsequenz aus der Vergangenheit. Und diese Ansage wiederholte der Klub am Mittwoch: Noch eine Zündelei im Block O und der Block wird gesperrt.
Die kurzzeitig in das Thema Pyrotechnik abdriftende Diskussion kehrte alsbald zum eigentlichen Vorwurf zurück. Die ganze Entscheidung sei völlig falsch eingeschätzt worden. „Das müssen wir uns anheften“, so Hennemann. Er selbst habe viele kritische, teilweise auch persönlich beleidigende Zuschriften erhalten, allerdings auch zustimmende Mails. „Ich habe dabei festgestellt, dass für die Gründe manchmal das Verständnis fehlt.“ Hennemann verwies erneut darauf, dass schon vor der Saison 2019/2020 der Block O gesperrt werden sollte. Der Veranstaltungsleiter betonte, dass der SCP es aber stillschweigend hingenommen habe, dass die noch neue Szene dort weiter stehe. Zumal es Signale gegeben habe, dass man Pyrotechnik etwas runterfahren wolle.
Nach dem Magdeburg-Spiel gab es den Entscheidung, die Blocksperre sofort umzusetzen. Diese Entscheidung sei im kleinen Kreis (Niewöhner, Metzelder, Hennemann, Brown und Ordnungsdienst) gefallen. „Wir haben allerdings beschlossen, damit nicht an die Öffentlichkeit zu gehen“, so Hennemann. Man habe die Jahreshauptversammlung im Januar nicht gefährden wollen.
Den Fehler, die Experten zu diesem Themen zu hören (Fanbeirat, auch Fanprojekt), räumte Hennemann unumwunden ein. „Das hätten wir tun müssen.“ Es sei in der Entscheidung auch etwas „Unbedarftheit“ eingeflossen. Über die Wirkung der Maßnahme für eigentlich völlig Unbeteiligte auf der Tribüne oder in Nachbarblöcken beispielsweise. „Ich habe aber mit Abstand von der Polizei (seinem früheren Job, Anm.d.Red.) andere Einsichten bekommen.“
Es sei allerdings noch angemerkt, was im Laufe der Veranstaltung auch der Präsident sagte: Thomas Hennemann als Veranstaltungsleiter ist zwar der für den Spieltag eine wichtige Person, aber die Entscheidungen über Klubangelegenheiten trifft nicht er. Das war weniger ein Versuch, Hennemann aus der Pflicht zu nehmen oder zu schützen, sondern nur die realistische Einordnung der Verantwortlichkeiten. Am Ende ist es der Klub bzw. die Geschäftsführung, die alle Beschlüsse trifft.
Und dazu ordnete Bernhard Niewöhner ein: „Sachlich-fachlich hätte ich wohl auch keine andere Entscheidung getroffen, aber das Vorgehen war falsch. Unsere Entscheidungen in der Vergangenheit waren eigentlich passabel, jetzt war sie falsch. Ich habe das 5 Minuten nach der Sitzung bemerkt, als Burkhard Brüx bei mir im Büro stand.“
Niewöhners rhetorische Frage: Wie komme es, dass dem Klub immer wieder diese Dinge passierten, die Leute auf die Palme bringen? „Wir sind nicht stolz auf die Entscheidung, sondern haben sie bedauert, haben aber einen Kompromiss relativ schnell gefunden“ Mehr sei dann nicht möglich gewesen.
Es gab diesen Moment am Abend, als die Stimmung zu kippen drohte. Da zeigte auch der sonst eher kontrollierte Präsident nach teilweise heftiger Kritik und Vorwürfen Nerven. „Ich habe den Eindruck, dass einige hier glauben, dass sich nie etwas ändert. Dann können wir auch nach Hause gehen und es sein lassen. Wir sind fünf ehrenamtliche Leute im Präsidium, kriegen ständig auf die Fresse, und machen trotzdem weiter. Niemand ist fehlerfrei. Die erste Aufgabe ist, Fehler zu erkennen.“ Strässer spürbar angefasst: Wer etwas ändern wolle, müsse halt selbst in die Verantwortung gehen, „ganz einfach“.
Soweit die fachliche Diskussion. Das Thema Kommunikation wurde erneut aufgeworfen, zur Kenntnis genommen, Besserung versprochen. Alles wie immer also.
Später beruhigte sich die Lage im Saal aber spürbar. Nachdem der erste Dampf abgelassen war, bekamen die Klubvertreter Gelegenheit, in etwas mehr Ruhe noch einmal Hintergründe und Abläufe zu erklären. Und nahm auch Anregungen über mögliche Parkplatz-Lösungen entgegen. Das war dann konstruktiv und am Ende auch versöhnlich. Vielleicht war das auch die wichtige Erkenntnis des Abends: Es muss halt auch mal scheppern, ehe es weitergeht. Das wäre hiermit erledigt.
Um kurz nach 21 Uhr war dann Feierabend – mit einigen (noch) ungelösten Themen, aber vielen Einsichten und Erkenntnissen.