Wer hat Angst von den Roten Teufeln?
Sie kommen, die Roten Teufel. Am Samstag trifft der SC Preußen Münster auf den 1. FC Kaiserslautern und das ist eine Partie mit ganz unterschiedlichen Gefühlslagen. Noch wartet der SCP auf seinen ersten Zweitliga-Sieg, Trainer Sascha Hildmann auf seine „alte Liebe“, die Fußball-Traditionalisten auf die Rückkehr des 51er-Duells, viele auf einen neuen Stürmer … das Spiel ist aufgeladen, keine Frage.
Um das vorwegzunehmen: Den letzten Zweitliga-Sieg gab es am 5. Mai 1991. Damals hatten die Adler in Abstiegsnot ihren Trainer Gerd Roggensack entlassen und Siegfried „Siggi“ Melzig verpflichtet. Der entpuppte sich im Rückblick als kompletter Fehlgriff, startete aber mit einem kleinen Fußballwunder. Beim späteren Bundesliga-Aufsteiger Stuttgarter Kickers gewann der SCP mit 2:0, Peer Posipal und Ansgar Brinkmann trafen für die Adlerträger. Das war’s, viel mehr Punkte kamen nicht hinzu. Einer noch, um genau zu sein, aber am Ende brachten fünf Niederlagen in Folge den Abstieg. Soll heißen: Es wird Zeit für den nächsten Zweitliga-Heimsieg, so oder so.
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Stürmer gesucht
Wie das gelingen soll, ist noch ein bisschen schwer zu sagen. Die bisherigen zwei Spiele deuteten an, dass der SC Preußen absolut wettbewerbsfähig ist, allerdings zumindest derzeit nicht wahnsinnig treffsicher. Der einzige Torschütze bisher fällt aus – was im Falle von Malik Batmaz schmerzhaft ist, denn seine Rolle geht deutlich über die des Torschützen hinaus. Er bildete mit Joel Grodowski ein eingespieltes Duo, er belebte das Angriffsspiel. Jetzt fällt er aus, mindestens acht Monate. Operiert wurde er bereits in München, alles lief erfolgreich, aber eine Rückkehr aufs Spielfeld wird frühestens in der Schlussphase der Saison möglich sein. Angeblich ist der SCP interessiert an Aaron Seydel (vertragslos, zuletzt Darmstadt) oder András Németh (HSV, hier eher eine Leihe). Beides keine ausgewiesenen Torjäger, aber die bekommt der finanzschwache SCP ohnehin nicht. Bis zum 30. August (diesmal einen Tag früher als sonst) haben die Preußen noch Zeit, neun Tage.
Ob ein Neuer dann direkt helfen könnte? Kaiserslautern ist ja noch gar nicht so lange her. Gerade vier Jahre. Unter Sascha Hildmann spielte der SCP 1:1 auf dem „Betze“, die Führung von Luca Schnellbacher (heute Elversberg) glich Kaiserslautern noch aus.
Fun fact: Das Hinspiel gegen Kaiserslautern hatte der SC Preußen im August 2019 noch unter seinem alten Trainer Sven Hübscher mit 3:2 gewonnen. Und Sascha Hildmann war da noch Trainer in Kaiserslautern …
Für Sascha Hildmann, das ist klar, wird die Partie gegen den Klub seiner Heimatstadt kein Spiel wie jedes andere sein. Als Spieler war er für die U23 des FCK aktiv, traf dort zwischen 1996 und 2000 in sechs Partien auf die Preußen – wie lange das her ist, wird deutlich, wenn man sich überlegt, dass Hildmanns Preußen-Gegner damals Spieler wie Christoph Metzelder und Uwe Leifeld waren. Und auf Lauterns Seite Spieler wie Roman Weidenfeller und Miroslav Klose standen.
Das spielt am Samstag alles keine Rolle mehr, aber es ist Teil der (Fußball-)Geschichte. Wieder wird das Preußenstadion ausverkauft sein, wieder sind rund 12.400 Fans dabei. Das ist die neue Preußen-Normalität, in der wenig normal ist, eher im Gegenteil.
Wie die „Westfälischen Nachrichten“ ausgerechnet haben (beziehungsweise wie es Transfermarkt anzeigt), steht Hildmann für Münster aktuell bei 99 Siegen in Ligaspielen. 25 davon gab es in der 3. Liga, 74 davon in den drei Jahren Regionalliga. Bedeutet: Die Marke von 100 Preußen-Siegen will bitte geknackt werden; und warum nicht direkt am Samstag? Das würde ja in jeder Hinsicht auch etwas Druck vom Kessel nehmen, denn ganz ehrlich: So richtig rechnen vermutlich die wenigsten mit drei Punkten in Hamburg … Und der Fußball hat leider so eine unangenehme Eigenschaft, den Kopf in die falsche Richtung zu lenken, wenn gerade zum Saisonstart die Punkte ausbleiben. Was beim Dreiklang Kaiserslautern, Stuttgart und HSV ja nicht völlig abwegig wäre. Aber wie sagt man über ungelegte Eier? Eben.
Eigentlich ist es ja auch so, dass diese Zahlenspiele und Ahnungen eher nicht die Vorfreude auf das nächste Zweitliga-Spiel dämpfen. Im Gegenteil ist die Aussicht auf ein weiteres Top-Duell im Preußenstadion eher elektrisierend. Also? Wer hat Angst vor den Roten Teufeln? Der SC Preußen Münster sicher nicht.