Heute vor 23 Jahren: RW Essen am 16. November 2001
Essen und Münster. Das ist ein altes Duell im Westen. Fast 80 Punktspiele gab es seit dem Zweiten Weltkrieg, anfangs der Zweitausender-Jahre bekam der SC Preußen Münster gefühlt immer auf den Deckel von den Rot-Weißen. Umso mehr sind die wenigen Siege in Erinnerung geblieben. Zum Beispiel der am 16. November 2001, heute vor 23 Jahren, an der Hafenstraße. Der doppelte Bernd Winter, wer sich erinnert …
Um das kurz einzuordnen: Die Preußen hatten im Jahr zuvor, in der Saison 2000/2001 überraschend bis kurz vor Saisonende den Zweitliga-Aufstieg in der eigenen Hand. Vergaben ihn aber zwei Spieltage vor Schluss. Das kam auch deswegen unerwartet, weil sich der SCP im Sommer 2000 gerade noch so in letzter Sekunde in die neue Spielklasse gerettet hatte. Die neue Regionalliga Nord hatte nämlich die alte Regionalliga West/Südwest abgelöst.
Das Fast-Aufstiegsjahr hatte den SCP träumen lassen, aber die folgende Saison 2001/2002 brachte alle Adler ganz sicher wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Beteiligt in beiden Fällen: Trainer Stefan Grädler. Erst fast Aufsteiger, dann fest im Abstiegskampf.
Als die Preußen am 16. November 2001 nach Essen reisten, da kamen sie als Abstiegskandidat. In der Woche zuvor hatte der SCP daheim gegen Bayer Leverkusen II verloren, in der Liga rangierte der SCP auf dem vorletzten Platz. Und Essen kämpfte um den Zweitliga-Aufstieg. Abstiegskandidat gegen Aufstiegskandidat. Klare Sache, oder?
Spieldaten:
RWE: Müller, Bonan, Fischer, Winkler, Weigelt, Winkler, Karp, Kaya (46. Polunin), Tutas, Komade (46. Raschke), Wolf, Koen (73. Wojcik)
SCP: Jürgen, Küsters, Metzelder, Taverna, Becker, Böcker, Kruskopf, Schmidt, Winter (68. Hozjak), Lesniak (72. Lüttmann), Castilla (80. Niederhaus)
Tore: 0:1 Winter (21.), 0:2 Winter (42.), 1:2 Komade (43.)
Zuschauer: 8.685 im Georg-Melches-Stadion
Gelbe Karten: Bonan / Winter, Castilla, Küsters, Lüttmann, Schmidt
Schiedsrichter: Peter Gagelmann
Dass die Stimmung beim SCP mindestens mal gereizt war, lag auf der Hand. So sehr, dass in Essen ein großes Banner vor dem Gästeblock hing: „Der Verein ist alles, ihr seid nichts“. Daneben ein paar umgedrehte Banner von Fans. Keine gute Zeit, dieser November 2001.
Und dann das: Münster überraschte den Favoriten Essen mit robustem Spiel und ging durch Bernd Winter in Führung. Der Mittelfeldspieler (125 Spiele für Münster – so viele wie für keinen anderen in seiner Karriere) traf nach 21 Minuten zum 1:0 für die Preußen. Und legte nach 42 Minuten das 2:0 nach.
Essens Anschlusstreffer nach 43 Minuten änderte letztlich nichts, die Preußen fuhren diesen Auswärtssieg nach Hause.
Okay, in der folgenden Woche unterlag der SCP in Verl direkt wieder mit 1:2, Essen gewann gegen Kiel – da waren die Fronten wieder geklärt. Am Saisonende schleppten sich die Adler gerade so auf Platz 15, was normalerweise ein Abstiegsplatz gewesen wäre. Doch weil nur ein Nord-Verein aus der 2. Bundesliga in die Regionalliga Nord abstieg (Babelsberg nämlich), durften die Preußen weiter mitspielen. Essen dagegen scheiterte um einen Punkt am Zweitliga-Aufstieg – obwohl sie am letzten Spieltag in Münster mit 3:1 gewannen. Da war Stefan Grädler längst nicht mehr Preußen-Trainer. Neale Marmon, der eisenharte Brite, war in Amt und Würden. Und ja, erfahrene Preußen wissen: Das war das ominöse Spiel, nach dem gefrustete RWE-Fans das Preußenstadion demolierten … das ist eine ganz andere Geschichte.
Der 16. November 2001 allerdings erinnert ein bisschen daran, welche Zeiten die Preußen hinter sich haben.
Rückblick: Regionalliga Nord
In der Regionalliga Nord trafen RWE und SCP in zehn Partien aufeinander. Acht davon gewann Essen. Das war gefühlt Normalität in diesen Jahren. Schon zuvor, noch zu Oberliga-Zeiten, wenn sich Münster und Essen in Aufstiegsrunden gegenüber standen, war der Nordrhein-Vertreter in den meisten Fällen stärker. Umso bemerkenswerter war dieser eine Auswärtssieg in dieser Zeit.
Sportlich waren auch diese Jahre in der Regionalliga Nord zum Abgewöhnen. Nach dem Fast-Aufstieg 2001 ging es für die Preußen immer nur um Abstiegskampf oder maximal Krampf im unteren Mittelfeld. Fußball zum Weglaufen, was die Zuschauer dann auch taten. Zwischen 3.500 und 4.000 Fans verirrten sich in diesen Jahren im Schnitt zu den Spielen im alten Stadion. Jahre zum Vergessen.
Platz 15, Platz 12, Platz 13, Platz 11 – und dann, nach jahrelanger Vorarbeit, im Jubiläumsjahr 2006 der erstmalige Abstieg in die Viertklassigkeit.