Verrückte Welt in der Regionalliga West
Was Prognosen und Erwartungen manchmal wert sind, zeigt die Regionalliga West gerade unfreiwillig. Denn irgendwie passt aktuell nichts zusammen – und das ist wiederum nicht ganz überraschend. Irgendwie.
Der Reihe nach: Weil der SC Preußen Münster sein Auswärtsspiel in Aachen wegen einer Veranstaltung im Stadion erst im September austragen kann, ist der SCP die Tabellenführung ohne eigenes Zutun los. Nicht mehr als ein Momentaufnahme, hoffentlich.
Bemerkenswert ist aber, wer sich dort oben in der Regionalliga tummelt. Aufstieger 1. FC Kaan-Marienborn ist tatsächlich mit 10 Punkten neuer Spitzenreiter der vierten Liga. Ein sehr deutlicher 4:1-Sieg in Lippstadt brachte dem Team des früheren Bonner Trainers Thorsten Nehrbauer die Tabellenführung. Lippstadt? Genau. Das Team, das bis dahin 3 Siege aus 3 Spielen geholt hatte. Ein Spitzenspiel war das, das absolute Topspiel des Spieltags. Und sehen wollten es 580 Fans. Auch eine Realität in dieser Spielklasse, die ein so großes Gefälle zwischen „arrivierten“ Traditionsklubs und Ex-Bundesligisten und reinen Amateurklubs aufweist wie keine andere Regionalliga.
Und auf Platz 2 liegt der nächste Aufsteiger! Der 1. FC Düren hat sich mit zwei knappen 1:0-Siegen in Folge ebenfalls auf einen Top-Platz gespielt. Am Samstag gewann das Team spät mit 1:0 in Straelen. In der Vorwoche gewann Düren mit 1:0 gegen Gladbach II, holte im Derby in Aachen vor 11.500 Zuschauern ein 2:2. Ein Spitzenplatz mit Ansage.
Zwei Aufsteiger, die in ihrer Vereinsgeschichte nie hochklassiger gespielt haben und die doch bisher eher unter dem Radar flogen: Jetzt gerade mischen sie die Regionalliga auf. Und nicht die allseits hochgewetteten Teams aus Wuppertal, Fortuna Köln oder RW Oberhausen.
Wuppertal galt ja eigentlich als Preußen-Konkurrent Nummer Eins, kommt aber gar nicht in Tritt. Am Samstag schaffte es das Mehnert-Team, einen 2:0-Vorsprung in Bocholt noch zu verspielen – der dortige Trainerwechsel nach dem 0:5-Debakel in Münster schien dann doch irgendwie Wirkung gezeigt zu haben.
Fortuna Köln? Ganz schlimm. Einen einzigen Punkt holte die Mannschaft des neuen Trainers Markus von Ahlen bisher, das sieht nach Ärger aus. Am Samstag stand Köln erneut neben sich, verlor mit 0:3 bei Aufsteiger (und zwischenzeitlichem Schlusslicht) Wattenscheid, der die „Schießbude“ der Liga ist – mit sagenhaften 16 Gegentoren nach 4 Spielen. Heute erzielte das Britscho-Team seine Saisontore 3 bis 5 und holte auch die ersten Punkte überhaupt. Blamabel aus Kölner Sicht, da geht nichts zusammen. „Dominant“ hatte von Ahlen die ersten beiden Liga-Auftritte noch genannt. Das dürfte jetzt nur noch bedingt gelten. Der Umbruch bei Fortuna hat offenbar doch größere Spuren hinterlassen als in der Südstadt erhofft.
Und Oberhausen? Ach, Oberhausen. Beim Stand von 1:4 (!) beim 1. FC Köln II sorgte am Freitagabend ein versuchter Fahnenklau der Gastgeber für einen Platzsturm von Fans beider Klubs. Die Partie wurde kurz vor Spielende abgebrochen – jetzt muss das Sportgericht entscheiden. Verlieren beide Teams Punkte? Der erste „Skandal“ der jungen Saison ist jedenfalls perfekt.
Noch eine Absurdität. In der Vorwoche gewann RW Ahlen mit sage und schreibe 8:0 gegen exakt diese Wattenscheider, die nun Fortuna Köln abschossen. Ein 8:0, das auch ein bisschen Ahlens Ambitionen unterstrich, mit 7 Punkten aus 3 Spielen war Rot-Weiß stark gestartet. Und dann das. In Wiedenbrück verlor Ahlen sang- und klanglos 0:5.
Es gehört ein bisschen zum Charakter der Regionalliga an sich, dass im Grunde fast jedes Team fast jeden Gegner schlagen kann – von Ausnahmen abgesehen, zu denen hoffentlich der SCP gehören wird. Aber was die Regionalliga West derzeit für Ergebnisse liefert, ist verrückt.
Aber eben doch ein bisschen zu erklären. Denn die Aufsteiger kommen teilweise gut verstärkt, gerade Kaan-Marienborn bietet mit Julian Schauerte, Robert Jendrusch, Enzo Wirtz oder Markus Pazurek ausgesprochen erfahrene Profis aus höheren Ligen auf. Mit dem Schwung des Aufstiegs wird da einiges möglich, auch wenn Schwächephasen irgendwann folgen werden – in der Breite des Kaders ist Kaan-Maarienborn dann eben nicht so gut aufgestellt wie zum Beispiel der SC Preußen.
Spiele am 4. Spieltag | ||
SC Wiedenbrück | 5:0 (2:0) | RW Ahlen |
1. FC Köln II | RW Oberhausen | |
SV Straelen | 0:1 (0:0) | 1. FC Düren |
1. FC Bocholt | 2:2 (0:2) | Wuppertaler SV |
SG Wattenscheid 09 | 3:0 (2:0) | Fortuna Köln |
SV Rödinghausen | 2:0 (2:0) | FC Schalke 04 II |
SV Lippstadt 08 | 1:4 (1:1) | 1. FC Kaan-Marienborn |
Borussia Mönchengladbach II | 14.08, 14.00 | Fortuna Düsseldorf II |
Alemannia Aachen | 24.09, 14.00 | SC Preußen Münster |
4. Spieltag | |||||
Mannschaft | Sp. | Tore | Diff. | Punkte | |
1 | 1. FC Kaan-Marienborn | 4 | 8:3 | 5 | 10 |
2 | 1. FC Düren | 4 | 7:3 | 4 | 10 |
3 | SC Preußen Münster | 3 | 10:1 | 9 | 9 |
4 | SV Rödinghausen | 4 | 9:2 | 7 | 9 |
5 | SV Lippstadt 08 | 4 | 7:5 | 2 | 9 |
6 | SC Wiedenbrück | 4 | 9:4 | 5 | 7 |
7 | RW Ahlen | 4 | 11:7 | 4 | 7 |
8 | RW Oberhausen | 3 | 7:5 | 2 | 7 |
9 | FC Schalke 04 II | 4 | 5:6 | -1 | 6 |
10 | Wuppertaler SV | 4 | 9:7 | 2 | 5 |
11 | Fortuna Düsseldorf II | 3 | 4:4 | 0 | 4 |
12 | SG Wattenscheid 09 | 4 | 5:16 | -11 | 3 |
13 | Alemannia Aachen | 3 | 4:5 | -1 | 2 |
14 | Borussia Mönchengladbach II | 3 | 4:6 | -2 | 1 |
15 | Fortuna Köln | 4 | 1:7 | -6 | 1 |
16 | 1. FC Köln II | 3 | 2:9 | -7 | 1 |
17 | 1. FC Bocholt | 4 | 4:12 | -8 | 1 |
18 | SV Straelen | 4 | 1:5 | -4 | 0 |