Umbauten im Preußenstadion: So sieht’s vor dem Heimspielauftakt aus
Es ist nicht so, als hätte Dr. Markus Sass die vielen Kilometer Kabel selbst im Preußenstadion verlegt. Oder die vielen Schrauben selbst gedreht, Metallgerüste oder Container mit eigenen Händen verschoben. Aber dass er fast jede Stelle im Preußenstadion kennt, das dürfte klar sein. Wenige Tage vor dem ersten Heimspiel des SC Preußen Münster laufen überall die finalen Arbeiten. Sass führt durch „sein“ Stadion.
Und das ist mal klar: Überall wird in den Tagen vor dem Sonntagsspiel gehämmert, gebohrt oder installiert. Trubel an allen Stellen des Preußenstadions. Deutlicher kann nicht sichtbar werden, dass sich der gesamte Klub auf die Zweitliga-Saison im eigenen Stadion vorbereitet. Und während Preußens Geschäftsführer Finanzen, Stadion & Organisation nur bedingt selbst zu Akkuschrauber oder Bohrer greifen muss, ist er dennoch schon aus eigenem Interesse überall vor Ort und eng eingebunden in die Arbeiten. Am Sonntag, das ist die Deadline, muss alles soweit stehen. Wobei hier Einschränkungen gelten, denn einige Aufgaben waren selbst in der mehrmonatigen Phase vor dem Saisonstart schlichtweg nicht zu schaffen.
Beispiele? Die neuen Spielerbänke. Statt wie bisher 13 Plätze müssen sie 17 Plätze bieten. Der SCP kommt sogar auf 18. Allerdings sind die Bänke jetzt deutlich weiter vom Spielertunnel entfernt und weiter auseinandergezogen – um Sichtbehinderungen zu minimieren, werden sie auch in den Boden eingelassen. Allerdings nicht bis zum Hannover-Spiel. Dafür war schlichtweg kein Unternehmen zu finden, das kurzfristig tätig werden konnte. Mittlerweile gibt es aussichtsreiche Gespräche – in den kommenden Wochen wird sich hier etwas tun. Bis dahin dürfen Spieler und Verantwortliche immerhon schon unter neuem Dach Platz nehmen.
Interessant dabei: Der SCP hat für die Bänke richtig moderne Sitze bestellt – inklusive des Preußenlogos als Stickerei und Sitzheizung, was im Winter eher kein Luxus ist, sondern im Gegenteil auch ein wichtiger Beitrag zur Verhinderung von Verletzungen. Die neuen Sitze sind allerdings noch nicht geliefert – bis dahin müssen übergangsweise mobile Plätze aushelfen. Bei denen gab es dann Mitte der Woche eine etwas unangenehme Überraschung: Die Behelfssitze kamen in blau. Jetzt sollen sie kurzfristig gegen schwarze Sitze getauscht werden …
Hier gilt wie an manchen anderen Stellen: Einiges bleibt in der Übergangsphase provisorisch. Auch für Fans bedeutet das hier und da einen holprigen Start – aber das ist der Preis des überraschenden Erfolgs. Und sicher ist: Der SCP tut alles, damit schnellstmöglich Ordnung herrscht.
Neu ist in dieser Saison übrigens eine „Fanbank“. Die hat sich zum Start ein Sponsor gesichert. Sie wird im Bereich der Ostkurve aufgestellt, der Sponsor kann dafür Plätze vergeben, von denen aus die Spiele aus großer Nähe verfolgt werden können … (Bild unten)
VAR und Torlinientechnik
Doch der Reihe nach: Besonders augenfällig werden am Sonntag viele, viele Kameras sein. Auf der Haupttribüne wurde Mitte der Woche ein ausgesprochen stabiles Kamera-Podest für die Hauptkamera(s) montiert. Das ist einzig an den Dachträgern montiert und belastbar genug für drei Kameras samt Kameraleuten. Wer sich das Gerüst anschaut, ahnt, wie massiv es ist. Mit Spezialkran wurde es nun montiert, noch fehlen einige Schrauben. Aber die Sicht von oberhalb der Logen ist perfekt – sogar ideal aus Sicht der DFL, wie Sass erklärt. Mit zehn Metern Breite wäre das Kamerapodest zudem sogar bundesligatauglich. Nicht, dass der SCP das deswegen so geplant hätte. „Das liegt eher an den baulichen Gegebenheiten der Tribüne, die das sinnvoll erscheinen ließen“, so Sass.
Zugang zum neuen Podest erhalten die TV-Sender über einen neuen Treppenaufgang an der Ostseite der Tribüne. Von dort führt ein neu installierter Steg über das Dach des Funktionsgebäudes bis unter das Tribünendach und von dort zum neuen Podest. Für die TV-Sender ein ganz neuer Komfort – definitiv zweitligatauglich, in jeder Hinsicht.
Dazu gehört, dass im gesamten Bereich der Tribüne kilometerweise neue Kabelkanäle gelegt und gefüllt wurden. Der SC Preußen ist mit Blick auf die Ausstattung genau dafür verantwortlich – erhält allerdings von den Produktionsgesellschaften einen Zuschuss für die Installation der Kabel. Was wirklich gut ist: Jetzt ist das Preußenstadion mit fester Verkabelung bestens aufgestellt für Profifußball und TV-Übertragungen.
Die Kameras für VAR und Torlinientechnik stellt indes die DFL bzw. die TV-Produktion. Dafür muss der SCP wiederum einen Teil seiner TV-Einnahmen direkt wieder an die DFL abführen. Um das einzuordnen: Von den knapp 8 Millionen Euro werden dafür rund 1,4 Millionen Euro fällig … kein ganz billiger Spaß und auch ein Beleg dafür, dass TV-Gelder nicht eins zu eins eingerechnet werden können.
Die Kameras für die Torlinientechnik werden vor allem im Bereich der Ostkurve sichtbar. Dort wurden zwei stabile Metallträger montiert, auf denen jeweils eine Kamera thront. Versuche mit etwas „dezenteren“ Trägern scheiterten, weil die am Ende doch zu sehr unter dem Winddruck litten. Die Kameras sind genau justiert – Schwankungen um mehr als ein paar Millimeter würde das Ergebnis verfälschen – auch Tests, diese Kameras an den ohnehin schon vorhandenen Lautsprechermasten zu montieren, wurden aus gleichem Grund verworfen. Also: Stabilität geht vor Optik. Ein bisschen im Weg werden sie einigen Fans trotzdem stehen.
Auf der anderen Spielhälfte sind diese Kameras oberhalb der Lärmschutzwand montiert. Gerade noch so im akzeptablen Bereich aus Sicht der DFL. Wie gesagt: Ein bisschen Provisorium ist halt doch immer.
Provisorisches Catering
Während Caterer Axel Bröker gerade mitteilte, dass es nun u.a. Weinschorle im Stadion geben werde, muss sich sein Team in den ersten Spielen mit einer Notlösung im Bereich der Tribüne behelfen. Die neuen Treppenaufgänge beiderseits der Tribüne ließen eine Montage der dauerhaften Kioske nicht zu – am ersten Spieltag werden Fans dort über mobile Stände bedient.
In der Tribüne allerdings ist ein neuer Caterer eingezogen: Statt Engbers ist nun Stolzenhoff (Castrop-Rauxel/Lünen) für die Vesorgung der Besucher zuständig. Und bekommt dafür ganz neue Theken installiert – damit wird künftig sogar die frische Zubereitung von Speisen direkt in den Business-Bereichen möglich.
Auf der Gegengerade wurden die alten Holzbuden durch stabilere Container ersetzt. Farblich passt noch nicht alles – der weiße im Heimbereich geht klar. Der blaue im Gästebereich sorgt für Störgefühle. Mehr sei in der Kürze der Zeit und angesichts der vielen Aufgaben nicht machbar gewesen. Vielleicht helfen Fans aus, die bereits informiert wurden … denkbar also, dass bis zum Hannover-Spiel farblich etwas mehr schwarz-weiß-grüne Akzente gesetzt werden …
Das Marathontor
Und der alte Kameraturm über dem Marathontor? Der ist „abgängig“, wie man so schön sagt. Er wird in den kommenden Wochen nach vielen Jahren im Einsatz demontiert. Dort bleibt künftig nur ein (Flucht-)Weg zwischen Gästeblock und Heimblock erhalten. Der freiwerdende Platz ermöglicht allerdings eine weitere Werbefläche im besten Kamerasichtfeld. Und neue Vermarktungsmöglichkeiten sind im alten Stadion rar … Für Fans hat die Demontage zudem einen schönen Effekt: Die Sichtbehinderungen durch das nervige Gerüst sind dann Geschichte.
Der Totalübernehmer
Alles ist bisher streng geheim. Wer der Totalübernehmer sein wird, steht noch nicht fest und Markus Sass hält sich an die vereinbarte Verschwiegenheit. Was er verrät, lässt also keine Rückschlüsse auf Anbieter zu. Doch sagen lasse sich dies: Das neue Stadion orientiere sich durchaus an der Machbarkeitsstudie, also den bekannten Visualisierungen. Das voll überdachte Stadion wird links und rechts der Haupttribüne jeweils ein Eckgebäude erhalten (auf der Ostseite mit Kita, im Westen mit multifunktionalen Räumlichkeiten), die anderen beiden Stadionecken sind voll ausgebaut und bieten Zuschauern Platz. Wie bekannt, ist die Kapazität laut Bebauungsplan auf maximal 20.000 gedeckelt – und klar ist: Es gibt keine Ausbaureserve. Weder planerisch noch technisch. Das umgebaute Stadion wird so, wie es dann ist, halten müssen. Ende August wird der Totalübernehmer von einer Jury ausgewählt. Und Mitte September erfahren dann auch die Fans und alle anderen, wie genau das Stadion aussehen wird. Der Zeitplan lautet unverändert: Mitte 2027 soll das Stadion umgebaut sein.
(Neues) Flutlicht
Aktuell darf der SCP das Stadion mit einer Flutlicht-Ausnahmegenehmigung betreiben. Sicher, die Lux-Stärke ist ausreichend, es ist eher der Winkel des Flutlichts. Das Hauptproblem liegt in der Verlagerung der Kameraperspektive auf die Haupttribüne. Jetzt müssen die Strahler neu ausgerichtet werden – und auf der Haupttribünenseite werden zusätzliche Lampen installiert. Und zwar so: Die beiden Flutlichtmasten neben der Tribüne werden mit zusätzlichen Lichtern ausgestattet. Noch augenfälliger wird eine weitere Änderung: In Kürze werden mehrere, rund 8 Meter hohe Metallleisten an den Dachträgern montiert – also an der Vorderseite des Daches. An diesen neuen Trägern werden jeweils mehrere neue Lampen montiert, um das Spielfeld besser ausleuchten zu können. Die neuen Träger sind notwendig, damit Besucher auf der Gegengerade nicht geblendet werden.
Fans werden solche Installationen unter anderem aus Stadien wie in Regensburg oder Ingolstadt kennen. Ob es bis zum Abend-Heimspiel gegen Schalke klappt? Noch etwas offen.
Unterdessen wurden die Leuchtmittel in den vorhandenen Strahlern unter dem Tribünendach bereits ausgetauscht. Damit ist die Helligkeit bereits etwas besser geworden.
Scanner
Für den Haupteingang hat der SC Preußen neue Scanner angeschafft. Die sind nun auf neuestem technischen Stand – und können sogar verwaschene Print@home-Tickets auslesen. Mit den Scannern (die übrigens auch für das künftige umgebaute Stadion weiterverwendet werden) soll der Zutritt beschleunigt werden. Eingerissene Papiertickets soll es nicht mehr geben – und damit auch die mögliche Mehrfachnutzung eines Tickets unterbunden werden. Einmal gescannt, zeigen die Scanner bei einem zweiten Versuch „Rot“.
TV-Compound
Der TV-Compound ist mittlerweile fertiggestellt. 800 Quadratmeter Fläche stehen zur Verfügung – das ist DFL-Anforderung. Für das Samstagabend-Spiel gegen Schalke oder den DFB-Pokal dennoch zu wenig. Dafür greift der SCP dann auf zusätzliche Flächen auf dem Parkplatz neben an zu. Normalität auch in anderen Stadien.
Mit zwei getrennten Ein- und Ausfahrten ist der Bereich in Münster durchaus ordentlich angelegt. Während der Ort selbst auch künftig an dieser Stelle bleiben wird, ist noch unklar, ob er in der aktuellen Form erhalten bleibt. Die Entscheidung trifft der noch zu ermittelnde Totalübernehmer, der nicht verpflichtet ist, den TV-Compound in seiner jetzigen Form zu erhalten.
Übrigens: Wer sich über das abschüssige Areal wundert – die Neigung liegt bei etwa 3 Grad. Das ist noch zulässig. Die empfindlichen Ü-Wagen vertragen sehr viel mehr aber nicht …
Mit zwei nagelneuen Generatoren ist die TV-Produktion übrigens völlig autark. Selbst wenn im Stadion der Strom ausfällt, wären die TV-Anstalten weiter sendefähig. Auch hier: Die notwendige Verkabelung ist dauerhaft vorhanden – der SCP übergibt den Bereich also sozusagen sofort einsatzfähig an die TV-Produktion.
Ein Blick ins Stadion verrät: Durch den Umzug der Kameras auf die Haupttribüne wurden auch die LED-Banden umgebaut und zur Gegengeraden hin verlegt. Im Bereich des Marathontors erhielt eine davon Rollen, um den Zuweg ins Stadion für LKW oder andere Fahrzeuge zu ermöglichen. Auch das eine Aufgabe, die trivial erscheint, aber viel Arbeit gekostet habe, wie Sass verrät.
Die LED-Banden werden vertragsgemäß vom Vermarkter Sportfive gestellt – sind allerdings mittlerweile etwas in die Jahre gekommen und haben etwas an Leuchtkraft verloren. Beim SCP wird man das verfolgen, gerade der Bereich vor der Gegengerade liegt künftig ja im direkten Sonnenbereich. Falls nötig, wird da wohl perspektivisch für Ersatz gesorgt werden müssen.
Kernis Platz
Vorbei sind die Zeiten, in denen sich Stadionsprecher Martin „Kerni“ Kehrenberg sozusagen aus oder vor dem Spielertunnel meldet. Sein Platz wandert aus dem Tunnel etwas weiter vor die Tribüne Richtung Ostkurve. Dort wurden bereits neue Anschlüsse für Strom und Technik gelegt. Und ein Dach bekommt er ohnehin: Auch für ihn ist ein mobiler Wetterschutz in der Optik der Wechselbänke vorhanden.
Kommentatoren-Plätze
30 neue Kommentatorenplätze für TV und Datenerfassung musste der SCP bekanntlich zentral auf der Tribüne einrichten. Von der DFL gab es den Hinweis, dass hier möglicherweise perspektivisch auf einige Plätze zu verzichten sein könnte. Dann hätte der SCP die Möglichkeit, wieder weitere Zuschauerplätze anzubieten.
Vorbereitet wäre der SCP dafür: Die mit Netzwerkanschlüssen ausgestatteten Kommentatorenplätze sind modular einzurichten – und können binnen kurzer Zeit platzsparend zusammengeklappt und zwischengelagert werden. „Beim FC Bayern München arbeitet man auch mit diesem System“, so Sass. Soll heißen: Was für München gut genug ist, wird für Münster schon passen.
Blocktrennung auf der Tribüne
Noch eine augenfällige Veränderung: Auf der Tribüne werden künftige Gästefans untergebracht. Vom Heimbereich werden sie durch eine besondere Installation getrennt:
Bretter wurden anstelle einiger Sitze montiert – jeweils ein Platz alle zwei Reihen ist dabei für Ordner reserviert, die zwischen Gästefans und Heimbereich sitzen und eine „menschliche“ Trennwand bilden.
Keine Idealösung, wie Sass zugibt, eher ein „Bauchschmerzthema“, aber aus Sicherheitsgründen muss eine Trennung vorhanden sein. Die bessere Lösung wäre ein Zaun, doch der konnte nicht so kurzfristig geplant und montiert werden. Für den Moment dient das Provisorium dem Zweck.
Die Lärmschutzwand
Zur neuen Saison erhält übrigens auch die Lärmschutzwand eine neue Optik. Das hat vor allem einen ganz einfachen Grund: Die Sponsorenlandschaft hat sich verändert. Zudem musste ein Loch in die Plane geschnitten werden, um einen neuen Durchgang vom TV-Compound ins Stadion zu schaffen. Das soll wohl noch his zum Hannover-Spiel geschehen. Alles andere bleibt unverändert: Anzeigetafel und die Wand selbst werden nicht verändert.
Alle Bilder:
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Danke, Carsten! Viel Transparenz hast Du veröffentlicht, was der SCP derweil aufgrund fehlender Kapazitäten nicht schaffen kann. Auf geht’s…
Hi Carsten ,
Kerni hat auch eine fahrbare Überdachung bekommen , zusehen unbeklebt neben der Fanbank auf dem Foto . Platz für Kerni und die mobile Technik sowie ein Techniker . Natürlich nur wenn es regnet.
LG Kerni
Kerni unters Dach! Kerni unters Dach! 😉
Hallo Carsten!
Sehr interessanter Bericht! Da liest man erstmal, wie aufwändig saniert werden muss, um Profifußball in der 2.Bundesliga in unserem Stadion machbar werden zu lassen.
An alle, die das so möglich gemacht haben, ein großes Dankeschön! Respekt!
Jetzt kann es losgehen. Ich freue mich drauf!
VG von einem dankbaren Fan
Sehr interessante Einblicke in die komplexen Veränderungen. Besten Dank für die anschauliche Aufklärung!
Ist denn schon bekannt, an welcher Stelle der Stadionsound aufgenommen wird? Hoffentlich nicht wieder direkt bei den Auswärtsfans…
Hallo Carsten,
was ist denn die Quelle für die 1,4 Mio., die von den 8,0 Mio. Vermarktungserlösen für die TV-Produktion einbehalten werden?
Nach meinem Verständnis müssen die Vereine 7,75% als „Organisationsabgabe“ an die DFL abgeben (vgl beispielsweise DFL-Wirtschaftsreport). Kommen die Produktionskosten der Sportcast GmbH (100% Tochter der DFL) als zusätzliche Abgabe hinzu, um auf die 1,4 Mio. zu kommen ? Oder sind das zwei separate Abzüge von den 8 Mio. ?
Die Quelle ist der Stadion-Geschäftsführer – wie ich es verstanden habe, geht es tatsächlich um verschiedene Abgaben, die in der Summe so hoch ausfallen.
Hallo Carsten,
einmal mehr vielen Dank für den tollen Bericht!!