Viele offene Fragen nach dem Spiel Essen gegen Münster
Alle suchen Antworten, aber am Sonntagabend sind die nicht zu haben. Rein sportlich lief das Spitzenspiel der Regionalliga West in etwa so wie von vielen erwartet. Wenig Chancen, ein Spiel auf Augenhöhe. Essens umstrittener Elfmeter brachte die Führung, Münsters engagierte Reaktion das mehr als verdiente 1:1 – aber dann brach das „Momentum“ weg, weil aus dem Essener Fanblock ein heftiger Böller in der Nähe der Auswechselspieler der Preußen landete.
Fotos: Sebastian Sanders
Ein zunächst als Tatverdächtiger Mann ist von der Polizei am Montag aber wieder ausgeschossen worden. Die Suche geht also weiter. RW Essen hatte bereits angekündigt, im Falle eines Fahndungserfolgs alle rechtlichen Möglichkeiten zu prüfen.
Jannik Borgmann und Marvin Thiel wurden bei dem Böllerwurf verletzt, beide wurden sowohl vom Mannschaftsarzt der Preußen wie auch von einem neutralen Arzt untersucht und dann auch für nicht spielfähig erklärt. Borgmann habe einen Schock erlitten, Thiel ein Knalltrauma, so die Diagnose.
Zu diesem Zeitpunkt war die vom Schiedsrichter verordnete Spielunterbrechung knapp eine Viertelstunde alt. Nach Rücksprache mit beiden Vereinen entschied dann der Schiedsrichter, die Partie offiziell abzubrechen.
Was den Fans im Stadion zunächst als bloße Verlängerung der Unterbrechung erklärt wurde, diente tatsächlich der Vorbereitung eines geordneten Spielabbruchs – die Polizei sollte vorbereitet sein auf das Ende der Partie. Fans draußen konnten das erahnen, weil sich dann sichtbar Polizeikräfte an den Fanblöcken positionierten.
Der Abbruch wurde vom Publikum mit Pfiffen quittiert, die sicher dem Anlass galten und nicht der Entscheidung.
RWE-Chef Marcus Uhlig und Preußens Sportchef Peter Niemeyer nahmen dann anstelle der Trainer Platz im Presseraum und suchten nach Erklärungen, die es ja nicht gab. Natürlich verdammte Uhlig den Vorfall, richtete später auch überfällige Genesungswünsche an die Spieler und eine Entschuldigung an alle, die einfach nur das Spiel sehen wollten.
Der Presse gegenüber wollte er über die möglichen Folgen erst einmal nicht sprechen, brandmarkte aber den/die Böllerwerfer/in als „Wahnsinnigen“. Für RW Essen ärgerlich: Der Anhang genießt in Teilen eine zweifelhaften Ruf, schon das Hinspiel endete mit Szenen, die Essens Anhang zu verantworten hatte – und nicht, wie etwa der „Kicker“ unverständlicherweise formulierte, die Anhänger „beider“ Vereine. Zur Erinnerung: Nach Abpfiff brachen die Essener Fans das Tor Sicherheitszauns auf und setzten an zu einem Sturm der Heimblöcke. Im Verlauf dieses Sturms wurde auch ein Rentner verletzt.
Viele andere Vorfälle in der Vergangenheit summieren sich in der Außenwahrnehmung, so dass auch Uhlig später zugab, dass Essen nun auch bundesweit wieder im Zusammenhang mit Negativschlagzeilen bewertet werden dürfte. Im Boulevard-Blatt „Bild“ nahm das schon Fahrt auf. „Wahnsinn in der Regionalliga West“ heißt es dort wie gewohnt kompromisslos. In Münster dürften unangenehme Erinnerungen wach geworden sein an den Irren, der im September 2011 mit einem selbstgebauten Böller mehrere Menschen teilweise schwer verletzte. Das Problem liegt auf der Hand: Es wird niemals zu verhindern sein, dass Einzelne Pyrotechnik ins Stadion schmuggeln. Wäre es zu verhindern, wäre es bereits geschehen. Aber die Verantwortung müssen eben die Klubs tragen, die als Hausherren für die Sicherheit zuständig sind.
Peter Niemeyer hielt sich am Sonntag bedeckt, gab nur zu, so eine Erfahrung bisher nicht gemacht zu haben.
Als noch im Raum stand, wie weiter zu verfahren sein könnte, war kurz die Idee erörtert worden, die Auswechselspieler die Seiten tauschen zu lassen – so dass Essens Spieler sich vor dem eigenen Fanblock warm machen würden. Problem: Wie sollte man das dem Preußen-Keeper Max Schulze Niehues erklären (oder seinen Kollegen im Abwehrverbund), die weiterhin mit dem Rücken zum Essener Fanblock stehen würden. Sicher keine Option.
Und jetzt?
Welche Szenarien nun greifen, muss das Sportgericht des Westdeutschen Fußball-Verbands (WDFV) entscheiden, das für alle Themen der Regionalliga zuständig ist. Von einem Wiederholungsspiel über eine Spielwertung für den SC Preußen oder gar einer Ansetzung für die Abwicklung der verbleibenen 15 Minuten Spielzeit wäre vieles denkbar. Am wahrscheinlichsten wirkt da aktuell die Wertung für den SCP, der ohne eigenes Zutun und „dank“ eines Versagens des Sicherheitsdienstes der Gastgeber einen Spielabbruch hinnehmen musste. Aber wie gesagt: Am Sonntag hielten sich dazu alle bedeckt, das wird Sache des Verbands sein.
Da die Partie vom Schiedsrichter abgebrochen wurde, muss der SCP selbst hier auch gar nicht aktiv werden, die Partie wurde ohne Ergebnis beendet.
Werden die Regionalligen nicht von den Verbänden durchgeführt? Westdeutscher Fußballverband in unserem Fall? Das wird da entschieden und nicht direkt beim DFB oder?
„Bezüglich der Wertung der Partie hat nun das Sportgericht des Westdeutschen Fußball-Verbandes das Wort.“