RW Essen gegen Preußen Münster: Ein kompliziertes einfaches Spiel
Muss man über das Duell zwischen RW Essen und Preußen Münster noch viel sagen? Das Spiel hat eine lange Historie, erzählt viele Geschichten. Am Sonntag geht es auch nur um drei Punkte. Aber doch steckt mehr drin.
Von der alten Oberliga West in den Fünfzigerjahren über die Regionalliga West (damals zweithöchste Spielklasse) in den Sechziger und Siebzigerjahren bis zu hin zu Zweitligazeiten und später den Neunzigerjahren die Regionalliga West/Südwest und die Regionalliga Nord: Beide Klubs haben kaum eine hochklassige Liga ausgelassen, um ihre Duelle auszufechten.
Etwas ältere Fans werden sich an Bernd Winter und seine beiden Tore zu einem Auswärtssieg an der Hafenstraße erinnern, das war im November 2011. Dabei hatte Reinhard Geise etwas ähnliches schon 1998 geschafft (auch damals gewann der SCP mit 2:1 in Essen). Besonders war das vor allem, weil Essen eigentlich fast immer, zumindest gefühlt, das bessere Ende für sich hatte. In den Aufstiegsrunden zur 2. Liga war das besonders auffällig – 1993 beispielsweise, als Essen bei der Lizenzvergabe schummelte und der SCP in die Röhre schaute.
Andere werden sich an die teils groben Auseinandersetzungen zwischen Achim Weber und Stephan Küsters erinnern, halbwegs junge Fans an einen 4:0-Sieg an der Hafenstraße 2009. Ja ja, viele Geschichten.
Jetzt ist aber Gegenwart und da sieht die Sache recht einfach aus. Essen liegt fünf Punkte vor dem SCP und auch wenn eine Saison lang ist, die Tabelle geduldig, alles passieren kann… aber acht Punkte Rückstand nach 24 von 38 Spielen wäre doch schon viel. Essen wirkte schon in der vergangenen Saison stabil und daran hat sich in diesem Jahr wenig geändert.
Münster bleibt dran
Natürlich ist der SC Preußen da kein Abstiegskandidat, im Gegenteil. Auch die Preußen punkten stark, bleiben Essen auf den Fersen. Zuletzt hat sich der SCP durch Neuzugang Darius Ghindovean noch variabler gemacht (und der ehemalige Duisburger führte sich gleich bemerkenswert ein). Den Unterschied zu Essen machen allerdings die direkten Duelle gegen die Aufstiegskonkurrenz. Münster spielte 0:0 gegen Wuppertal, verlor in Köln und verlor gegen Essen. Es sind wohl diese Punkte, die am Ende die Entscheidung bringen, nicht so sehr die Punktverluste in Spielen wie gegen Mönchengladbach. Denn auch Essen lässt zwischendurch Punkte liegen – in Wegberg-Beeck, gegen Wiedenbrück, bei den Zweitvertretungen von Köln oder Düsseldorf. Das macht alles wenig aus, aber die direkten Duelle, die darf man nicht verlieren und genau das ist dem SCP zu oft passiert.
Man muss also kein Rechenkünstler sein um zu ahnen, dass eine weitere Niederlage in den direkten Vergleichen eben eine zu viel wäre.
Die Qualität, um in Essen zu punkten, besitzt der SCP formal. Es wird in diesem Spiel auf die Kleinigkeiten ankommen.
Auch wenn der Trainer vehement widersprechen würde und rein rechnerisch keinerlei Entscheidung gefallen wäre: Eine Niederlage in Essen würde de facto die Aufstiegshoffnungen der Preußen erheblich dämpfen, um das vorsichtig zu formulieren. Am Freitag gab Hildmann auf der obligatorischen Pressekonferenz immerhin zu: Die Aufgabe wäre dann deutlich schwieriger.
Ersatzgeschwächt
Das Problem, das sich dem SCP stellt, sind nun Ausfälle. Neben den länger fehlenden Dennis Daube und Manfred Kwadwo haben sich bei den Preußen vor dem Spiel auch noch Neuzugang Darius Ghindovean, Luke Hemmerich, Henok Teklab und Jules Schwadorf „krank“ abgemeldet. Alle vier haben Corona (aber keine oder nur milde Symptome), was der Verein nicht unbedingt an die große Glocke hängen wollte und daher um Zurückhaltung in der medialen Begleitung warb. Dass der Flurfunk diese Nachricht längst verbreitetet hatte, machte daraus eine eher sinnlose Geste.
Gerade Teklab und Ghindovean sind angesichts des jüngsten Auftritts relevante Ausfälle, während Hemmerich und Schwadorf zuletzt wenig bis keine Einsatzzeiten hatten. Die Startelf aus dem Ahlen-Spiel steht aber bereit für die Aufgabe in Essen. Und Simon Scherder steht auch wieder parat.
Ein bisschen alles oder nichts ist das nun. Verstecken will sich der SCP nicht, für defensive Einstellungen ist die Mannschaft nicht zu haben. Ob und wie das dann alles klappt, muss der Sonntag zeigen.
In der vergangenen Saison gewann Essen das Hinspiel an der Hafenstraße mit 1:0, im Rückspiel setzte sich der SCP mit dem gleichen Ergebnis durch. Das Hinspiel der aktuellen Saison war besonders bitter für die Preußen: Nach 2:0 verlor der SCP noch 2:3.
Ob der Essener Trainer Christian Neidhart an der Seitenlinie steht, ist derzeit noch unklar. Mit Corona fällt er aktuell aus – vielleicht kann er sich am Samstag frei-testen. Preußentrainer Hildmann wettete am Freitag um einen Kuchen darauf, dass der Essener Trainer am Sonntag beim Spiel dabei sein werde …