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RW Ahlen spielt Derby, Preußen Münster nicht

Mit Schaum vor dem Mund war RW Ahlen am Freitagabend in das nur dort so empfundene Derby gegen Preußen Münster gegangen. Und vielleicht hatte das auch etwas mit dem Spielverlauf zu tun, denn Münster war nicht in Derbystimmung und fand viel zu spät (und dann zu wenig) Mittel gegen in hitziger Atmosphäre.

Artikelbild: Rauch zum Anpfiff aus dem Ahlener Block.

Es war nicht so, als habe der SC Preußen nicht gekämpft, sich nicht gestellt. Natürlich nicht. Einsatz, Wille, das war alles da. Aber das, was in solchen Spielen den Unterschied machen kann, fehlte dem SCP. Die Aggressivität und dieses spezielle „Derby-Gefühl“.

Ahlens Trainer Andreas Zimmermann, vor dem Spiel grenzwertig respektlos gegenüber den Preußen („Die haben noch gegen kein Topteam gespielt. Aber jetzt, und das sind wir.“). Auch wenn die Überschrift in der „Glocke“ („Preußen, wer?“) wohl eher vom Redakteur stammte – Zimmermann gab sich dem SCP gegenüber eher herablassend. So peitschte er schon vor dem Spiel die eigenen Fans an: „Da sind wir doch!“ brüllte er in die Tribünen. „Da sind wir doch!“ und klopfte sich dazu auf die Brust. Eine Attitüde, die er während des Spiels aufrechterhielt. Wie ein Irrwisch tobte er an der Seitenlinie herum, schrie nach jedem Zweikampf. Ein Verhalten, das Preußen-Trainer Sascha Hildmann nach Spielende einfach „peinlich“ nannte. Und ein Verhalten, für das Zimmermann kurz vor Ende erst Gelb, dann schnell Rot sah. Der RWA-Trainer war in seiner Aggressivität Beispiel für Ahlens Auftritt. Mit Schaum vor dem Mund warf sich Ahlen in das Spiel und kaufte Münster ganz einfach den Schneid ab.

Aufheizen vor dem Spielbeginn: Andreas Zimmermann.
Das späte Ende vom Lied: Zimmermann fliegt vom Platz, weil er zu viel Hektik und Stress reinbrachte.

Äußeres Zeichen der Ahlener Verbissenheit: Nach Abpfiff feierte das Team hüpfend und ausgelassen den Punktgewinn, ließ sich von den eigenen Fans feiern, als habe man gerade den FC Bayern geschlagen. Das zeigte, welchen Stellenwert die Partie gegen Münster für RWA hatte – da konnte Zimmermann erzählen, was er wollte. Das Verhalten der Mannschaft sprach Bände.

Aber genau diese Stimmung brachte der SCP eben nicht auf den Platz, zumindest nicht in der ersten Halbzeit, die getrost als schlechteste der bisherigen Saison bezeichnet werden kann. Nicht nur, weil offensiv kaum etwas klappte. Auch defensiv offenbarte der SCP erhebliche Lücken, in die Ahlen immer wieder spielen konnte. Wer eine Blaupause sucht, wie man gegen den SC Preußen spielt, muss sich nur die Spiele gegen Rödinghausen oder Ahlen ansehen. Massiv und kompakt verteidigen, Überzahl bei jedem Preußenspieler in Ballbesitz schaffen, dann mit Tempo umschalten – da kommt der SCP derzeit nur schwer gegen an. So zieht man Teams den Stecker, die vor allem spielerisch auftreten wollen. Zermürben, zutreten, nerven.

Mehr Schwung nach dem Wechsel

Es fehlt dem SCP spürbar noch an Mitteln, um diese defensiven Teams zu knacken. In Ahlen kam über die Flügel kaum etwas Sinnvolles, auch die Standards waren, nun ja, nicht wirklich überragend. Nach dem Halbzeitwechsel reagierte Sascha Hildmann in Ahlen, brachte Marvin Thiel und Henok Teklab für die Außenbahnen, Luke Hemmerich und Jannick Borgmann mussten raus. Beide konnten sich kaum einmal durchsetzen, Borgmann wurde oft abgelaufen, das sah in der zweiten Halbzeit sofort viel besser aus. Einer wie Thorben Deters wird auch hier noch einmal einen Unterschied machen – und auch die Rückkehr von Alexander Langlitz würde für solche Spiele sehnsüchtig erwartet. Langlitz ist einer für solche Spiele, er bringt die Aggressivität mit, die der Gegner reinwirft.

Neben der körperlichen Präsenz ist noch ein Thema aktuell beim SCP. Die Mannschaft will es zu schön machen. Das war schon in den Spielen bisher zu sehen. Bis zum Strafraum können die Preußen toll kombinieren, aber wenn dann der energische Abschluss gefragt ist, setzt sich der Spieltrieb fort. Querpass, Dribbling, Drehung, Schlenker – aber kein Abschluss. Oder zumindest zu selten. Der Trainer weiß das, die Spieler wissen das. Aber es ist noch nicht oft genug geändert. Gegen eher destruktive Teams ist im Abschluss vielleicht die einfache Lösung die bessere?

Ob das mögliche Führungstor durch den Wegkamp-Elfmeter (neben das Tor!) das Spiel verändert hätte? Ganz sicher. Denn dann wäre Ahlens Spielplan völlig erledigt gewesen, nur noch zumachen wäre dann keine Option gewesen. So vergab der SCP diese Großchance fahrlässig und ebnete den Weg zu eben diesem anstrengenden, teilweise wilden Spiel.

Der Preußen-Block.

Auf beiden Seiten rauchte und brannte es in den Fanblöcken. Deutlich mehr auf Ahlener Seite, die immer wieder Rauchtöpfe entzündeten. Zum Anpfiff vernebelten Ahlens Anhänger fast das gesamte Spielfeld – ohne Ermahnung. Münsters erste Aktion dieser Art in der zweiten Halbzeit, bei der das Spiel zu keiner Zeit gestört wurde, sorgte für eine Unterbrechung und deutliche Ermahnung des Stadionsprechers. Als kurze Zeit später erneut Rauch von der Ahlener Tribüne aufs Spielfeld zog, interessierte das niemanden. Seltsam.

Die interessante Frage ist: Kommt ein Gegner wie RW Essen am Dienstag nun gelegen? Essen wird anders spielen als Ahlen, wird selbst Akzente setzen und der Plan für das legendäre West-Duell wird auf Essener Seite ganz sicher sein, auf Sieg zu spielen. Das wird dem SCP sicher mehr Räume geben als Spiele wie gegen das arg limitierte RW Ahlen, dessen Prämisse es war, zerstörend zu wirken und zwei Abwehrreihen vor das eigene Tor zu stellen – was nebenbei bemerkt ein völlig legitimes Mittel ist, was allerdings Rödinghausens Trainer Carsten Rump viel höflicher und ehrlicher formulierte als Zimmermann.

In einem hatte der Ahlener Trainer formal Recht: Münster hat noch gegen kein (tabellarisches) Topteam gespielt. Ahlen war es allerdings ganz sicher auch nicht. Und das ist zumindest ein Anlass zum Stirnrunzeln. Keiner der bisherigen Gegner der Adler ist in der aktuellen Tabelle besser als Platz 11 notiert. Die Schwergewichte der Liga, Essen, Oberhausen, Köln II, Fortuna Köln, Wuppertal – sie alle warten erst noch. Natürlich ist das auch nicht die ganze Wahrheit, denn Gegner wie Mönchengladbach II oder auch Rödinghausen mögen in der Tabelle tief notiert sein, schwach sind sie ganz sicher nicht. Und Essen erfuhr gegen Straelen auch schon, wie eng Spiele gegen diese Gegner sein können. Man sollte das also nicht überbewerten, aber noch ist eben offen, ob die Topteams der Liga dem Spiel der Preußen entgegenkommen. Dafür könnte das Spitzenspiel am Dienstag einen Fingerzeig geben.

Die gute Nachricht des Abends: In der zweiten Halbzeit war der SCP deutlich besser im Spiel. Das hatte gerade zum Ende hin etwas von Handball: Münster belagerte den Strafraum der Gastgeber, aber es fehlte einfach der berühmte lucky punch.

Zum Ende gab es fast noch Stress vor dem Preußenblock. Ahlens Ersatztorwart Daniel Szczepankiewicz wirkte zum Abpfiff etwas … übermotiviert und ließ das die Preußenfans spüren. Das wäre fast eskaliert, denn so etwas ist selten eine gute Idee. Mitspieler mussten Szczepankiewicz wegstoßen, um mehr zu verhindern. Eine dieser Szenen, die verrieten, welche Bedeutung das Spiel für RWA hatte.

Weg hier, Daniel Szczepankiewicz. Der Ahlener Ersatztorwart legte sich nach Abpfiff mit Preußens Anhang an. Überflüssig.

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