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Preußen Münster mit voller Kapelle gegen RW Essen

Was soll man da groß rumherumreden? Preußen Münster gegen RW Essen ist das mutmaßliche Gigantentreffen in der Regionalliga West, das Duell der beiden Titelfavoriten, der ewig junge Westschlager. Und ob der SCP nun zwei Unentschieden in Serie hinnehmen musste und Essen gegen Kellerkind Homberg klar gewann? Spielt doch keine Rolle. Am Dienstagabend gilt’s.

Artikelbild: Saison 2020/2021: Preußen Münster schlägt RW Essen mit 1:0.

Alleine schon die Rahmenbedingungen: 7.500 Fans sind im Stadion, mehr dürfen derzeit in Münster einfach nicht rein unter Corona-Bedingungen. Zum Vergleich? In der 2. Liga kamen am Wochenende in drei Spielen weniger Fans, in der 3. Liga nur in zwei Spielen mehr, in keiner anderen Regionalliga-Staffel kamen mehr Fans zu einem Spiel.

Das ist kein Vergleich mehr mit der Vorsaison, als Münster seinen 1:0-Sieg vor null Zuschauern einfuhr. Endlich wieder so etwas wie Derby-Stimmung im Stadion, dazu ein Flutlichtabend, es geht um Punkte, aber immer auch um Prestige in diesem Duell. Und das Duell selbst ist eines voller Geschichte. Über 70 Punktspiele gab es seit dem Zweiten Weltkrieg, dabei waren beide Klubs durch die Oberligen Niederrhein und Westfalen lange getrennt.

An die vielen Geschichten um den „Sendschwert“-Klau, an randalierende Essener Fans in Münster nach dem Last-Minute-Scheitern im Aufstiegskampf (etwas, das im Zusammenhang mit diesem Spiel wohl immer wieder zur Sprache gebracht wird), an die demütigenden 4:0-Siege der Adler über die Rot-Weißen zwischen 2008 und 2010. Da ist Feuer drin, keine Frage.

2010: RW Essen gewinnt in Münster, aber verliert im Aufstiegsrennen in letzter Sekunde. Die Folge? Randalierende Essener Fans lassen sich gehen.

Und aus Sicht der Preußen kann es gar nicht schnell genug losgehen. Die Mannschaft hat das anstrengende Spiel in Ahlen abgehakt, will gegen Essen wieder Fußball spielen – und genau das wird auch RWE tun. Trainer Sascha Hildmann geht von einem spannenden Spiel für Taktiker aus, denn Essens Ansatz, hoch zu pressen, schnell umzuschalten, ist ja eigentlich genau das, was auch die Preußen gerne erledigen. Da bieten sich hochattraktive Szenen an.

„Essen kennen wir in- und auswendig“, glaubt Sascha Hildmann. Und rechnet damit, dass das in gleicher Weise für Christian Neidhart gilt. Beide Trainer haben die Spiele des jeweils anderen Klubs intensiv verfolgt, teilweise live. Da werden nur wenig Geheimnisse bleiben, stattdessen kommt es auf das Feintuning an.

Es ist das erste Duell seit 2010, das in Münster vor Fans ausgetragen wird. Münster hatte sich dann für viele Jahre in die 3. Liga verabschiedet, während Essen seine Meisterschaft darin fand, eben diese stets zu vergeigen.

Nach dem letzten Westduell vor Zuschauern in Münster: 2010 jubelt der SCP nach einem 4:0-Sieg gegen Essen. Rechts Marc Lorenz, hinten rechts Sercan Güvenisik).

Hinweise für Zuschauer: Der Klub bittet Fans dringend, frühzeitig anzureisen. Das Stadion ist ab 17 Uhr geöffnet, am Haupteingang stehen zehn Tore offen, der SCP arbeitet mit maximalem Personaleinsatz. Besucher sollten 3G-Nachweis, Personalausweis und Ticket bereithalten, damit es zügig geht. Wer mit Essener Adresse oder als Essener Fans identifizierbar ist, erhält keinen Zutritt außerhalb des Gästebereichs. Logischerweise ist das Tragen von RWE-Devotionalien im Heimbereich des Preußenstadions ein absolutes No-Go.

Gut, dass vor dem Spiel beim SC Preußen wieder volle Kapelle angesagt ist. Flügelflitzer und „Rampensau“ Alexander Langlitz steht im Kader, Thorben Deters, Jules Schwadorf. Kaum anzunehmen, dass es für alle nach teils mehrwöchiger Pause direkt zu Starteinsätzen reicht, aber wer im Kader steht, kann zumindest spielen, ein bisschen allemal. Das bringt dem SCP so oder so heftige Qualität auf der Bank. In Ahlen wäre ein Wechsel dieser Art auch schon möglich gewesen, aber da wollte Hildmann kein Risiko eingehen. „Gegen Essen würde ich vielleicht anders handeln.“

Dass der SCP aktuell noch mit zwei Baustellen zu kämpfen hat, gehört wohl zum Verlauf einer Saison. Die Chancenverwertung nervt Sascha Hildmann schon ein bisschen, auch wenn er das mit einem Grinsen quittiert. „Eigentlich müssten wir das die ganze Woche trainieren.“ Die Chancen erspielt sich der SCP immer, immer, immer. Nur aus diesen Chancen dann Tore zu machen – daran hapert es einfach noch. Und daran arbeitet der SCP. Wenn alles gut läuft, könnte Essen das ja zu spüren bekommen? Wie wäre es damit?

Kein Gerammel, besser zielen

Was gleichermaßen auch für Elfmeter gibt. In Ahlen verschoss Gerrit Wegkamp einen und Joshua Holtby daddelte einen mit Dusel rein. Aber das sind alles Themen, die Hildmann gar nicht debattieren will. „Beim Elfmeter gibt es für mich nur zwei Kriterien: Drin oder nicht drin?“ Da werde nichts analysiert, es werde nicht trainiert. Und wenn Wegkamp sich beim nächsten Elfer gut fühle, werde er wieder schießen. „Elfmeter im Training macht jeder rein, aber im Spiel vor der Zuschauerwand, im Derby, da ist das nur noch Kopfsache. Fußball ist doch eh nur Kopfsache.“

Die zweite Baustelle: Der SCP hat sich zuletzt zu sehr auf das „Gerammel“ der Gegner eingelassen, kritisiert Hildmann. Heißt: Statt die eigenen Stärken auszuspielen, habe sich die Mannschaft anstecken lassen von der Hektik, habe zu früh zu lange Bälle geschlagen. Das ist Teil eines Entwicklungsprozesses in einer Mannschaft, in der trotz mancher Routiniers eben auch viele junge Spieler am Start sind. Neben Spielern wie Marcel Hoffmeier oder Nicolai Remberg gilt das auch für Luke Hemmerich, der ja auch erst 23 Jahre alt ist, obschon er einiges an Erfahrung mitbringt. „Die eine Halbzeit in Ahlen hat ihm gutgetan“, glaubt Hildmann. Auch wenn Hemmerich an diesem Tag nicht die Durchschlagskraft entwickelte, die er zuletzt als Einwechsler zeigte, sei es gut, solche Leute bringen zu können, so Hildmann.

Nicht mehr ganz so blutjung, aber ein Neuzugang mit zusätzlicher Qualität, ist Manuel Farrona Pulido. Gerade erst ist er beim SCP angekommen, er ist ein „saugefährlicher Spieler, der ein Spiel entscheiden kann“, sagt Hildmann. Offensiv sei das alles glänzend, nur die defensiven Abläufe müsse er noch erarbeiten. Irgendwie logisch nach gerade zwei Spielen im Preußen-Dress …

Neben Manfred „Manni“ Kwadwo, dem Langzeitverletzten, wackelte auch Jannik Borgmann kräftig. In Ahlen ging er zur Pause raus, war angeschlagen, musste nun noch ins MRT. Zuletzt war er nach langen und wiederholten Ausfällen seit längerer Zeit im Einsatz, jetzt macht sich der SCP Sorgen um alte Verletzungen. Ein „dickes Fragezeichen“ stehe hinter seinem Einsatz, so Hildmann.

Sportlich hofft der Preußen-Trainer wie alle auf ein emotionales Spiel, aber nicht eines wie in Kaiserslautern. Zur Aufklärung: Marco Antwerpens FCK hatte sich mit Waldhof Mannheim ein ziemlich vogelwildes Derby geliefert und trotz mehrerer Platzverweise gerade so ein 0:0 erobert. Eben jenen Antwerpen traf Hildmann nach dem Spiel in Kaiserslautern zufällig in einem Restaurant. „Er kam sofort auf mich zu, wir haben ein bisschen gequatscht.“ Es liegt auf der Hand, dass der „Pfälzer Bub“ Hildmann das Wohl und Wehe des FCK intensiv verfolgt … aber in Münster will er seine Mannschaft spielen sehen, nicht irre durch die Gegend rennend.

Nicolai Remberg bekam übrigens vom Trainer noch eine Extra-Geldstrafe aufgebrummt. Grund: Remberg kassierte zum wiederholten Mal Gelb wegen einer Unsportlichkeit, heißt: Weil er einen Gegenspieler bei ruhendem Ball wüst anging. „Das geht so nicht“, meint Hildmann deutlich. Gelbe Karten wegen wichtiger Foulspiele oder aus taktischen Gründen? Okay. Aber nicht so unnötige Karten, die Remberg in Ahlen durchaus Rot-verdächtig machten. „Die Strafe tut jetzt schon weh. Aber das ist ein Reifeprozess. Diese Dinge muss er abstellen, sonst steht er sich selbst im Weg.“

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