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Kommentar: Schluss mit dem Krisengerede

Der SC Preußen ist seit vier Spielen in der 3. Liga ohne Sieg. Zuletzt gab es drei Niederlagen in Folge – inklusive Westfalenpokal. Das bringt die erwartbaren Reaktionen. Krise“! Da ist es jetzt, das unschöne Wort.

Das Thema im Preußen-Forum

Über diese „Krise“ des SC Preußen Münster wurde andernorts bereits viel geschrieben. Und das „soziale Netzwerk“ Facebook überschlägt sich in Sachen Preußen Münster bereits heftigst in Beschimpfungen und sogar Forderungen nach einem Trainer-Rauswurf. Das alles darf man einfach mal vergessen, Facebook gehört in diesen „Krisenzeiten“ ohnehin auf den Abfallhaufen der Digitalgeschichte.

Die Unruhe von außen gehört zu den unvermeidlichen Aufregungen, es gibt da wohl kein Entrinnen – außer man verzichtet vollständig auf die Lektüre dessen, was andere schreiben.

Sicher ist dies: Natürlich wissen alle im Klub (und auch alle Fans) bestens Bescheid über die sportliche Situation und die Tabelle, da braucht es keine Schlaumeier und keinen „Captain Obvious“, um auf die Realität hinzuweisen. Es bringt aber erst recht nichts, die Unruhe von außen in den Klub oder das Team zu tragen. Welcher Gewinn wäre zu erwarten, wenn sich Trainer, Sport-Geschäftsführer oder Spieler von außen verrückt machen ließen? Welchen bisher vorsätzlich nicht beachteten Ratschlag sollte sich der SC Preußen insgesamt oder der Trainer und die Spieler denn zu Herzen nehmen?

Jetzt also die „Krise“. Trainer Sven Hübscher machte am Donnerstag bereits klar: „Ich verwende das Wort Krise nicht. Auch nicht gegenüber der Mannschaft. Wir haben nichts davon, über eine Krise zu reden. Ich will nicht, dass die Jungs darüber sprechen. Die dürfen jetzt nicht verkrampfen.“

Tja, so einfach ist das.

Die jüngsten Ergebnisse und Spiele waren nicht Folge einer sportliche überforderten Mannschaft, die fußballerisch grundsätzlich nicht mithalten kann. Natürlich gibt es einzelne Spieler, die noch mit dem Umstieg in den neuen Klub oder die neue Liga zu kämpfen haben. Es gibt sicher auch bessere Spieler da draußen – aber die spielen dann eben auch in anderen Ligen (finanziell wie sportlich) und Klubs. Das alles liegt auf der Hand. Aber es gilt auch, was der Trainer sagt: „Es hapert nicht an Technik und Taktik, sondern an der Einstellung. Das müssen die Jungs hinkriegen.“

Es ist ja nicht so, als rede das Trainerteam nicht immer wieder über diese Einstellung. Es gibt beim SC Preußen keine Marschroute „lauft mal locker rein und dann schauen wir mal, wie es so geht, dummdidumm“. Die Forderung, auf dem Platz konzentriert zu sein, sofort hellwach zu sein – sie ist da. Sie ist bekannt, sie kann nur aus noch unklaren Gründen nicht so umgesetzt werden. Beispiel Köln? Erste Halbzeit zum Vergessen, zweite Halbzeit viel engagierter – aber ohne sportlich-taktische Umstellungen. Einfach nur, weil die Mannschaft in der Halbzeit wachgerüttelt wurde und genau diese ein, zwei Extraschritte machte, die in der 3. Liga manchmal den Unterschied bedeuten.

Es greifen derzeit diese typischen Muster. Ein ohnehin etwas angeschlagenes Team lässt eben eher die Köpfe hängen als eines, das voller Selbstbewusstsein steckt. Unsicherheit schüttelt man nicht einfach so aus den Klamotten. Die ersten beiden Tore schenkte der SCP der Viktoria am vergangenen Samstag durch eigene Fehler. Wer kennt das nicht aus seinem eigenen Leben? Nach zwei Fehlern lauert der dritte direkt hinter der nächsten Ecke. Das ist menschlich. Man kann sich aus diesen Mustern nur befreien, indem man es immer wieder versucht und sich immer wieder neu motiviert.

Das ist der Grund, warum praktisch jeder Spieler eines wackeligen Teams nach dem Abpfiff immer wieder die Floskel von „müssen es im nächsten Spiel besser machen“ bemüht. Weil es genau so ist. Auf einen Fehlversuch folgt ein neuer Anlauf. Was wäre denn die Alternative? Den Spielbetrieb einstellen und die Mannschaft abmelden? Was soll das bringen, immer wieder über Fehler und Krisen und Tabelle zu reden? Natürlich muss der Klub sich seiner Lage bewusst sein – aber ist er das denn nicht?

Bei den Preußen kommen zudem manche äußere Umstände dazu, die die ganze Sache nicht leichter machen. Dadashov bei der Nationalmannschaft, Verletzungen von Litka, von Özcan, von Wagner, von Kittner, sogar von „Brückenspielern“ wie Grodowski. Das bringt im engen Kader der Preußen nun einmal Probleme mit sich.

Wissen, was man ist

Und das ganz und gar grundsätzliche Problem ist die fehlende Bereitschaft, die Lage und Position des SC Preußen Münster anzuerkennen. Auch wenn es manchen nicht gefällt und sicher nicht gern gehört wird: Der SC Preußen ist seit längerer Zeit nur noch ein regionaler Klub ohne große Möglichkeiten oder Strahlkraft. Bekannt? Ja sicher. Aber eben ein Stadtklub wie viele andere. Kein schlafender Riese. Kein Traditionsklub mit ruhmreicher Vergangenheit. Zuletzt bei der „Preußen-Matinee“ hatte Autor Dietrich Schulze-Marmeling etwas über eben diese Vergangenheit erzählt.

Was für eine ruhmreiche Vergangenheit könnte das gewesen sein außer der, bis 1981 immer in den höchsten deutschen Fußball-Ligen gespielt zu haben? Münsters größter Triumph ist ja faktisch die Feier des Scheiterns – ein verlorenes Endspiel um die Deutsche Meisterschaft. Einmal Vize. Einmal Bundesligist. Einmal den BVB mit 4:1 geschlagen. Das Spiel gewann der SCP, aber der BVB stieg auf. Den Karlsruher SC geschlagen. Aber der KSC stieg auf, Münster versagte.

Manche positive Ausreißer wie zuletzt 2013 oder zwei starke Halbserien haben die Sicht auf diese Wahrheit etwas vernebelt, aber Fakt ist: Der Klub verfügt über eine regional ordentliche Zuschauerbasis, ist aber weit entfernt von einer breiten Unterstützung. Wirtschaftlich und infrastrukturell (nicht wahrlich nur in Sachen Stadion) sind die Preußen längst von vielen Nachbarn und Konkurenten abgehängt – die Beispiele sind schmerzhaft, aber selbst der jahrzehntelange Amateurklub SC Paderborn spielt in jeder Hinsicht in anderen Ligen. Die Ansprüche sind in Münster traditionell hoch, in der Stadt Münster ohnehin, aber sie haben in Wahrheit wenig zu tun mit der Realität des SC Preußen Münster. Für die Preußen gilt es, die 3. Liga zu halten. Das wäre für den Moment der größte Erfolg. Und dann darf und muss man hoffen, dass der Stadionumbau diesem Klub endlich den erhofften, oft versprochenen Schub gibt. Alles andere spielt doch für den Augenblick keine Rolle. Wer diese Lage anerkennt, muss sich einfach ehrlich darauf einlassen, den Klub in diesen Umständen zu begleiten und nicht mit übertriebenen Erwartungen zu überfrachten.

Und deswegen führt das Krisengerede auch völlig an der Realität vorbei und dient nur dazu, es den Fans mit Schaum vor dem Mund recht zu machen.

So, damit zurück zum Sport.

Die Korrektur eines schlechten Ergebnisses ist ein gutes Ergebnis. Und das kann der SC Preußen in Halle, wo ohnehin niemand etwas erwartet, ebensogut holen wie sonstwo. Nur vorher schon wieder alles drangeben, alles kaputtreden? Das ändert nichts, bringt keinesfalls irgendetwas, zu 100 Prozent nichts.

0 thoughts on “Kommentar: Schluss mit dem Krisengerede

  1. Wohl geschrieben. Geduld ist wichtig. Auch wenn in der Liga einige Spiele mit negativem Ausgang immer den Zug nach unten öffnen. Wäre alles so schlecht, wie an vielen Stellen von anderen herbeigesehnt, dann sähe es richtig düster aus. Kopf hoch und auf den Tribünen alles geben!

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