Aus dem Westfalenpokal rotiert

Der SC Preußen Münster hat alles in der eigenen Hand: Der DFB-Pokal ist noch immer über die Liga zu erreichen, der Aufstieg allemal ein Thema und die Tabellenführung gehört dem SCP mit vier Punkten Vorsprung ohnehin. Das sind die guten Nachrichten. Aber ein paar Fragezeichen tun sich schon auf.

Die Niederlage in Aachen war zuletzt ein kleiner Schock für die schon fast unbesiegbar gehaltenen Adler. In Aachen ging ziemlich viel schief, der SCP lieferte einfach kein gutes Spiel ab und fand vor allem in der 2. Halbzeit überhaupt keine Mittel mehr gegen die Alemannia. Dazu kamen grobe Defensivschwächen, die zumindest teilweise durchaus schon in anderen Spielen sichtbar wurden, aber bisher eben nicht immer ausgenutzt wurden. Mönchengladbachs U23 gelang das phasenweise, auch der Zweitvertretung des 1. FC Köln. In Aachen verketteten sich dann verschiedene Umstände zu einer ganz miesen Mischung.

Der SCP wollte das richtig einordnen und nicht hektisch werden. Dazu bestand auch kein Grund. Aber nach dem Spiel in Erkenschwick muss man schon einmal hinschauen.

Sicher: Die Partie am Stimberg kann unmöglich nach normalen Maßstäben bewertet werden. Es war nicht Münsters Stammelf, die da beim Westfalenligisten verlor. Es war ein Spiel in der Dunkelheit, in dem mehr geahnt als gespielt wurde. Aus Erkenschwick (oder anderen dem SCP eher abgeneigten Gegenden) werden die Klagen des SCP als „Mimimi“ abgetan. Als Verlierer, der sich beklagt, muss man das wohl aushalten. Aber dass die Bedingungen ja nun für beide Teams gleichermaßen gegolten hatten, ist auch Augenwischerei.

Erkenschwicks Aufgabe war es, das eigene Tor massiv zu verteidigen und dann nach Balleroberungen mit dem Mute der Verzweiflung nach vorn zu stürmen. Zu verlieren hatte die Spielvereinigung gar nichts.

Münster dagegen als Top-Favorit musste das Spiel machen, musste das Bollwerk knacken – und konnte dazu seine spielerische Klasse nicht ausspielen, weil der Durchblick fehlte. Wer hat in irregulären Bedingungen mehr Probleme? Das Team, das Bälle verarbeiten und spielen muss? Oder der Gegner, der sich einfach entgegenstellt? Dass diese Partie mit völlig ungetestetem und erst kurz vor dem Spiel installierten Funzel-Licht überhaupt angepfiffen wurde, ist eigentlich ein Witz, mit dem sich der Verband auch gerne mal beschäftigen sollte.

Westfalenpokal 2022/2023, Erkenschwick – Preußen Münster,

Die andere Seite der Medaille ist: Münsters Ansatz, den Pokal nebenher mit der halben U23 anzugehen, hat sich am Mittwoch in Erkenschwick in Luft aufgelöst. Im Grunde hat sich der SCP selbst aus dem Wettbewerb rotiert.

Zwar hatte der SCP in der 2. Runde den Liga-Konkurrenten SG Wattenscheid beim 4:0 mit einer zumindest ähnlichen Idee überrollt. Aber eben auch mit anderen äußeren Rahmenbedingungen. Zudem hatte der SCP gegen Wattenscheid vielen Stammkräften eine Pause gegönnt, doch die Offensivreihe war da mit Wegkamp, Deters und Bindemann noch einmal anders besetzt als am Mittwoch in Erkenschwick. Fünf U23-Spieler, ergänzt um Spieler, die zuletzt eher von der Bank kamen oder gar nicht spielten, nur ein einziger Spieler aus der Liga-Startelf (Teklab, der sich in diesem Umfeld auch extrem schwer tat und nach einer guten Stunde für Wegkamp runter musste): Das war einfach zu wenig und diesmal ging es einfach schief.

Jene reinzuwerfen, denen man ganz bewusst Chancen und Spielzeiten geben will, funktioniert eben nicht immer und automatisch. Wenn man sich zu diesem Vorgehen entschließt, muss man solche Spiele und Ergebnisse einkalkulieren und mit den Konsequenzen leben. In diesem Lichte ist der SCP dann gut beraten, sich weitere Beschwerden zu schenken und in den sauren Apfel zu beißen. So soll es auch sein: Einen offiziellen Protest wegen des Flutlichts wird der SCP nicht einlegen, die Niederlage entstand an anderer Stelle.

Das kleine Problemchen: Nach außen hin haben zwei Pleiten in Folge jetzt deutlich gemacht, dass der SC Preußen Münster angreifbar ist. Das an sich ist zwar eine Binsenweisheit, denn jedes Team in der Regionalliga ist angreifbar. Aber so ein bisschen hatte sich bei den Gegner schon das Gefühl eingestellt, die Preußen seien eine zu große Nummer. Jetzt dürfte dieser Nimbus vorerst vergessen sein. Wer schlau war, hat hingeschaut, mit welchen Mitteln der SCP zu knacken ist. Vielleicht werden die kommenden Spiele noch einen Tick anspruchsvoller, weil die Gegner mutiger auftreten?

Und so sehr die Mannschaft diese beiden Niederlagen von sich schieben wird: Ein bisschen bleibt eben doch immer hängen. Fußball ist Kopfsache, nicht zufällig war lange von der „breiten Brust“ die Rede, wenn es um den SCP ging. Die ist jetzt ein bisschen weg. Das Schöne im Fußball ist aber: Sollte der SCP auf Schalke siegen, könnte die Lage am Samstag schon wieder viel freundlicher aussehen. Es ist eben am Ende einfach ein Tagesgeschäft. Zuletzt lief’s mies, aber das kann der SC Preußen nun selbst wieder korrigieren.

Dass der Westfalenpokal nun ein vermeintlich (!) einfacherer Weg in den DFB-Pokal gewesen wäre, steht seit Mittwoch allerdings auch fest. Neben dem SCP strichen alle noch verbliebenen Regionalligisten die Segel – darunter auch der SV Rödinghausen. In gewisser Weise befinden sich die Preußen also in guter Gesellschaft. Den Pokal hätte der SCP nach der Pleite gegen Rödinghausen im Frühjahr trotzdem gerne wieder in Münster gehabt. Diese Chance ist nun vertan.

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