Kolumne #16: Unter Zwang
Alle kreisen wir um das eine Thema. Virus. Nur der Fußball nicht. Der kreist ums Thema Geld. Es muss gespielt werden, damit das Geld kommt. Martin Stadelmann über die Show, die unbedingt weitergehen muss…
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In einer Welt, in der Boris Palmer, Oberbürgermeister aus Tübingen, mit Worten auffällt wie „Wir retten Menschen, die möglicherweise sowieso bald sterben“ lässt sich vielleicht am besten das Klima beschreiben, in denen derzeit im Eiltempo Entscheidungen im Bereich des Fußballs gefällt werden sollen. Die Rettung von Menschenleben ist in den Hintergrund getreten, in vielen Bereichen sinkt die Bereitschaft zur Solidarität, denn es gibt etwas Wichtigeres auf der Welt. Geld.
Sind in der DFL Watzke und Rummenigge emotionslos ehrlich und versuchen dann mit Krokodilstränen schließlich die Rettung des Fußballs als hehres Ziel ihres Anliegens zu verkaufen, wenn das Argument Geld alleine nicht zieht, so sprach Christian Seifert für die DFL als Unternehmenssprecher, Sprecher eines Wirtschaftsbereichs. Er stellte das Konzept der DFL zur Wiederaufnahme des Wirtschaftsbetriebs vor. Das Konzept selbst lebt von seinen eigenen Widersprüchen, überall sollen die Spieler möglichst getrennt werden, nur für auf den Platz gibt es natürlich keine Programme, denn Fußball lebt nun einmal vom direkten Zweikampf, dem Körperkontakt. Vorausschauend sollen dann auch keine Informationen zu Corona-Erkrankungen an die Presse weitergegeben werden, natürlich dient es der Nachverfolgbarkeit.
Virologen haben das vorgelegte Konzept in Teilen für sinnvoll erklärt, in einigen Punkten aber erhebliche Bedenken angemeldet. Und wie anders als blanke Verachtung der Idee des jetzigen Neustarts der Liga lässt sich umschreiben, was als Arbeitspapier im Arbeitsministeriumkreist. Ein möglicher Weg zur Genehmigung sei das Tragen von Mund-Nase-Masken. Es lässt sich erkennen, dass das Konzept nicht überzeugt hat. Sogar in der Bevölkerung gab es Widerspruch, so lehnen eine Ausnahme von der Quarantäne-Regel 90 Prozent der Bundesbürger ab. 61 Prozent lehnen eine Testung der Profis im dreitägigen Intervall ab.
In diesem Fahrwasser versucht nun der DFB die dritte Liga durchzuprügeln und ihm ist jedes Mittel recht. So gelobt Christian Seifert auch auf Nachfrage, dass ein Betrag von 7,5 Millionen Euro, der an die Frauen-Bundesliga und die dritte Liga ausgeschüttet werden soll, nicht an Bedingungen geknüpft sei, Mittlerweile steht fest, der DFB hat die Auszahlung an die Fortsetzung der dritten Liga gebunden. Wer da jetzt die Unwahrheit sagt oder zu Mitteln der Erpressung greift, das kann von außen niemand beantworten. Überhaupt hat der DFB sich wie immer nicht mit Ruhm bekleckert. Eine öffentliche Debatte wurde per Maulkorb untersagt, Klubs wurden dabei gezielt angesprochen.
In diesem Zusammenhang ist auch Tom Eilers zu sehen: „Ich habe nun den Wunsch und die klare Erwartungshaltung, dass in der 3. Liga wieder mehr Sachlichkeit, Ehrlichkeit und Ruhe im Sinne der gemeinsamen Sache einkehren – nämlich die 3. Liga in ihrer Struktur als Profiliga zu erhalten und ihre Zukunft zu sichern.“ Unterstellungen wie Unehrlichkeit, Drohkulissen wie das Ende der dritten Liga.
Wer vertritt eigentlich die dritte Liga beim DFB? Fortuna Düsseldorfs Aufsichtsrat Peter Frymuth? Rainer Koch, der Provinzfürst aus Bayern? Tom Eilers, der Lizenzspielerchef von Darmstadt 98?
Aber auch die Befürworter der Fortsetzung der Saison sind natürlich motiviert durch einen möglichen Aufstieg. Endlich weg aus der Liga, hin zu den großen Fernsehgeldern, zur medialen Aufmerksamkeit. Koste es, was es wolle. Denn am Ende retten wir nur Menschen, die möglicherweise sowieso bald sterben.