Christoph Strässer über das Preußenstadion: „Keine Fehler erlauben, sonst wird es teuer“
Mit Blick auf den Sport muss der SC Preußen Münster wohl anerkennen, dass der sofortige Wiederaufstieg vielleicht eine heimliche Hoffnung war, aber die Realität eine deutlich andere Sprache spricht. Dennoch: Der Klub bearbeitet derzeit viele Baustellen, vor allem das Stadionthema drängt. Im Gespräch mit 100ProzentMeinSCP bewertet Vereinspräsident Christoph Strässer die Situation…
Das Dauerthema schlechthin beim SCP ist das Preußenstadion. Ein Thema, bei dem Fans entweder direkt abschalten oder aber jede Veränderung, jede Aussage mit Argusaugen verfolgen. Das dürfte dieser Tage wieder geschehen, denn weiterhin bzw. erneut lautet die Losung der Stunde „Abwarten“. Der Klub hatte gehofft, dass der Rat noch vor der Kommunalwahl die Ausschreibung für den Stadionumbau in Gang setzt. Das blieb ein Wunsch, allerdings keine Überraschung. Nachdem auch die Dezember-Sitzung des Rats keine Entscheidung bringen wird, rutscht das gesamte Projekt weitere Monate nach hinten. Frühestens im Februar 2021 steht das Thema Stadion auf der Tagesordnung. Muss man sich Sorgen machen? „Nein, definitiv nicht“, sagt Christoph Strässer. „Natürlich wollten wir, dass es so schnell wie möglich weitergeht.“ Aber auch der Präsident sieht, dass die Arbeit vorangeht. Äußerer Beleg ist die Stellenausschreibung für eine Architektenstelle – anlassbezogen für den Stadionumbau. Ein Impuls, den die Stadt setzte, ein Beleg für den Fortgang der Arbeiten, auch wenn das kaum noch einer ohne Skepsis glauben mag.
Fakt ist: In der Dezember-Sitzung des Rates werden verständlicherweise eher keine inhaltlichen Entscheidungen getroffen, schon gar nicht solche großen wie in Sachen Stadion. Der noch neue Rat hat sich gerade erst konstituiert und manche der anstehenden Themen erfordern Beratungsbedarf. Den hatten zuletzt SPD und Grüne angemeldet, nachdem die Stadtverwaltung ein Umbaukonzept öffentlich gemacht hatte, das spürbar abweicht von den bisher bekannten Modellen. Zur Erinnerung: Die Verwaltung schlägt vor, das Stadion direkt mitsamt der Ecken auszubauen und einen Teil des so gewonnenen Platzes zu nutzen, um eine Kindertagesstätte zu integrieren. Ein Modell, das erstmals der FC St. Pauli umgesetzt hatte und das in Münster den Stadtteil Berg Fidel (und sicher auch das Stadion) aufwerten könnte.
Das ist aber nun einmal nicht holterdipolter zu erledigen. Strässer wertet es positiv, dass aktuell die Impulse von der Stadt direkt kommen. Oder auch der Politik. Für den SCP war klar, dass er nach der Kommunalwahl alle relevanten neuen Fraktionen besuchen wollte. „Die CDU kam uns mit einer Einladung bereits zuvor“, so Strässer. Er war mit Aufsichtsratschef Frank Westermann also bereits im Gespräch. „Wir haben zudem SPD und Grüne angeschrieben. Das ist uns auch wichtig, diesen Kontakt auf unmittelbarem Weg zu nutzen.“ Schließlich seien nun viele neue Mitglieder im Rat, die vielleicht auch mal wissen wollten, mit wem man da demnächst Geschäft mache.
Dass die neuerliche Verzögerung für Unruhe sorgen könnte, versteht Strässer. „Natürlich gibt es die erwartbaren Reaktionen, ich kann das auch verstehen, aber ich bleibe dabei: Aus der Nummer kommt die Stadt nicht mehr heraus.“ Zumal schon spürbar sei, dass das Thema Stadion jetzt politisch durchaus als Zukunftsprojekt verstanden werde. Ob das ein belastbarer Eindruck ist, sei einmal dahingestellt. Insbesondere die Grünen müssen als Partei mit einer durchaus gespaltenen Meinung betrachtet werden – so klar dürfte das Stadion in der neuen starken Fraktion nämlich nicht sein, wenngleich die Partie offiziell hinter dem Projekt steht.
Strässer: „Die Idee mit der Kita hat uns selbst überrascht, als die Verwaltung uns das vorstellte. Und die Stellenausschreibung für einen Architekten ist auch gut. Solche Signale kämen nicht, wenn das Projekt vor die Wand gefahren werden sollte.“
Stadionumbau: Darum geht es…
Das Städtische Stadion an der Hammer Straße stammt noch aus den Zwanzigerjahren und erhielt seitdem einzig eine neue Haupttribüne. Der Rest des Baubestands ist Jahrzehnte alt. Stadt und Verein haben mittlerweile eine gemeinsame Vereinbarung unterzeichnet, nach der das Stadion umgebaut werden soll. Der bereits fertige Bebauungsplan sieht ein vollüberdachtes Stadion für maximal 20.000 Zuschauer vor. Im Haushalt sind dafür offiziell 40 Millionen Euro vorgesehen. Im April 2019 hatte die Stadtverwaltung mehrere Ausbaumodelle vorgestellt – jeweils mit unterschiedlichen Preisschildern, wobei die reinen Umbaukosten des Stadions jeweils unterhalb der Summe von 40 Millionen Euro bleiben, die zusätzlichen Maßnahmen wie Parkdecks, Geschäftsstelle, Infrastruktur oder Bahnhaltepunkt/Mobilitätsstation aber „on top“ gerechnet werden. Anfang 2021 will die Politik die Ausschreibung des Projekts beschließen. Das ist dann der offizielle Startschuss in den Umbau, der nach Lage der Dinge etappenweise vollzogen wird, damit der SC Preußen ununterbrochen an der Hammer Straße spielen kann.
Einer der Gründe für die Verzögerung wird sicher in dem favorisierten Baumodell liegen. Die Stadt möchte offenbar gerne einen „Design & Build“-Weg beschreiten. Heißt: Es gibt einen zentralen Auftragnehmer, beispielsweise eine neu zu gründende Stadionbetriebsgesellschaft, die dann den gesamten Umbau plant und umsetzt. Vorteil: Der Prozess selber ist schlanker, schneller, integrierter. Nachteil: Die Vorarbeit ist kleinteiliger, muss im Detail geplant werden. „Das muss sorgfältig vorbereitet werden“, sagt Strässer. „Man darf sich dabei keine Fehler erlauben, sonst wird es teuer.“ Mit Blick auf eben die Kosten muss man sich allerdings schon fragen, woher der Mut der Verwaltung rührt, die nun angedachte Ausbauvariante vorzuschlagen. Sie gehört zu den teuersten Modellen und nach wie vor stehen lediglich 40 Millionen Euro im Haushalt. Ebenso findet sich nach wie vor niemand, der öffentlich erklärt, dass ein Preisschild von 40 Millionen Euro für das Gesamtpaket Mobilitätsstation, Infrastruktur und Stadionumbau sicher ein Märchen bleibt.
Vermutlich ein Märchen dürfte vorerst auch ein Satz aus einer CDU-Pressemitteilung bleiben. Darin steht die Aussage, dass bereits im kommenden Jahr mit dem Abriss der maroden Westtribüne der nächste Baufortschritt gestartet werden könne. So heißt es dort nach dem Gespräch mit den Preußen-Chefs. Wie das möglich sein soll, nachdem nicht einmal die Ausschreibung erfolgt ist, ist ein Geheimnis. Es sind diese unnötigen Terminansagen, die der Debatte schlimmstenfalls schaden, weil sie Druck erzeugen, der zu nichts führt. Auch Strässer sagt: „Ich will mich nicht auf das nächste Jahr festlegen. Aber das Signal war deutlich: Es wird konkret sichtbar, dass sich etwas tut.“ Vielleicht könne ein Abriss der alten Westkurve bereits vollzogen werden, wer weiß? Letztlich, so Strässer, müsse man das wohl einordnen: Nach Jahrzehnten erfolgloser Stadiondebatten machen ein, zwei Monate Vespätung auch keinen Unterschied mehr.
Apropos zu nichts führen: Nach wie vor steht in den Ratsvorlagen jene Bemerkung, die man beim SCP etwas schmallippig zur Kenntnis nehmen dürfte. Sinngemäß könne der SC Preußen Sonderausstattung für das Stadion (oder allgemeine „eigene Wünsche“) insofern anmelden, wenn er dafür private Investoren fände. Ein Thema, das beim SCP weiterhin nur ein müdes Lächeln hervorruft. „Es ist ein offenes Geheimnis, dass wir keine eigenen Investoren haben.“ Der eine Investor (bzw. die Investorengruppe), der bereit war, richtig Geld in die Hand zu nehmen, wurde vom Rat der Stadt ausgebremst und abgelehnt. Ohne die alten Gräben aufzureißen: Die Stadt Münster hätte mit einem überschaubaren Millionenbetrag aus der Stadionnummer herauskommen können, lehnte aber die Neubaupläne einfach pauschal ab. Jetzt muss sie erheblich mehr Geld in die Hand nehmen, um das Stadionthema selbst zu finanzieren. Aber das sind jetzt alte Kamellen …
Vielleicht kann der SCP ja doch noch fantasiebegabte Investoren finden. „Bestenfalls gelänge das, sobald man konkrete Fortschritte beim Stadion sieht“, so Strässer. Unplanbar bleibt das allemal.
Nachwuchsleistungszentrum wird wichtiger, wichtiger
Unterdessen ist ein Bestandteil der Preußenplanungen immer wichtiger geworden. Jüngste Überlegungen des DFB, die Junioren-Ligen abzuschaffen und stattdessen nur noch Wettbewerbe mit zertifizierten Nachwuchsleistungszentren durchzführen, hätten eklatante Auswirkungen auf die Jugendarbeit der Preußen.
Nie war ein NLZ derart wichtig wie jetzt. „Das hat daher eine ganz zentrale Bedeutung für uns“, betont Strässer. „Egal, wie das mit dem Stadion ausgeht, müssen wir die Voraussetzungen für ein NLZ erfüllen.“ Sportchef Peter Niemeyer lege auf dieses Thema einen „Riesenfokus“.
Glücklicherweise gibt es um den Bau zweier neuer Trainingsplätze keinen Streit. Der Bau dieser beiden neuen Felder ist im Bebauungsplan ohnehin vorgesehen und wurde wegen der Dringlichkeit vom Stadionumbau getrennt und bereits angestoßen. Unübersehbar haben die Maßnahmen entlang der Hammer Straße bereits begonnen. Die vorbereitenden Arbeiten sind abgeschlossen, auch hier müssen die eigentlichen Bauaufträge allerdings noch ausgeschrieben werden. Die Hoffnung, bereits im Winter oder Frühjahr einen neuen Platz nutzen zu können, sind längst auch passé. Trotzdem: Die beiden Plätze (ein Rasenplatz, ein Kunstrasen) entstehen schneller als das Stadion umgebaut wird und werden sehnsüchtig erwartet.